"Wie du mich berührst" in der Halle Beuel Lieder-Reigen über berühmte Künstlerpaare

Beuel · Max Klingers "Brahms-Phantasien", 41 Radierungen über Lieder des Komponisten, lassen sich lesen wie ein erotisch aufgeladener Kunst-Essay. "Ludwig van B."-Initiatorin Solveig Palm hat sie nun zum Anlass genommen für eine klingende Reflexion über Liebes-Lebens-Beziehungen berühmter Künstlerpaare. "Wie du mich berührst. Brahms-Phantasien" nennt sie den ungewöhnlichen Reigen.

 Liebesreigen: Szene aus "Wie du mich berührst. Brahms-Phantasien".

Liebesreigen: Szene aus "Wie du mich berührst. Brahms-Phantasien".

Foto: Thilo Beu

Eine sanfte Melancholie schwebt durch die Jahrmarkts-Albtraumlandschaft von Horváths "Kasimir und Karoline" in der Halle Beuel, in die der Regisseur Nikolaus Büchel die Geschichten von Nähe und Ferne raffiniert eingebaut hat. Sie werden über alle historischen Dokumentarsplitter und Zeitsprünge hinweg ungemein präsent durch die spielerische und sängerische Intensität des jungen Ensembles aus Schülerinnen und Schülern von diversen Schulen aus dem Bonner Raum.

Was sie stimmlich bereits können, beeindruckt ebenso wie ihre Genauigkeit bei der Rollengestaltung. Die kokette Alma (Anna Kirrinnis) nimmt das physische Begehren so lässig, wie es kommt. Mit dem jungen Architekten und späteren Gatten Walter Gropius hat sie gerade ein Verhältnis begonnen, während sie mit ihrem todkranken Ehemann Gustav Mahler (Marius Mik) 1910 in der Wiener Sezession die Klinger-Ausstellung besucht.

Dass sie Gustav Klimts Goldgrund-Jugendstil der komplexen Ästhetik Klingers vorzieht, erscheint verzeihlich. Denn traumhaft schön singt sie Clara Schumanns Lied "Sie liebten sich beide". "Sie sahen sich an so feindlich, und wollten vor Liebe vergehn", heißt es da. Clara starb 1896, knapp 40 Jahre nach dem Tod von Robert Schumann in Bonn-Endenich. Rebecca DiPiazza verkörpert das romantische Gegenbild zu der leichtlebigen Alma. Ihre schmerzensreiche Clara Schumann ist zart beseelt und dennoch unheimlich stark.

Als Starpianistin reist sie durch England, während Robert (Konrad Eilers) wegdämmert. Vielschichtige Bilder erfindet die Inszenierung für seinen Fall in die geistige Umnachtung. Wenn Clara bei Eichendorffs "Mondnacht" in Roberts Vertonung ihre Seele "weit ihre Flügel" ausspannen lässt, stehen alle Mitwirkenden andächtig still auf ihren Stühlen. Auch die vier jungen Tänzerinnen, die die Choreographie von Miguel Angel Zermeño mit auf die Gefühls-Zeitreise schickt. Sie spiegeln die unbehausten Seelen der nächtlichen Passanten und Gefährdeten.

Johannes Brahms (Florian Prinz) singt seine "Mondnacht"-Version, während Clara den vierzehn Jahre jüngeren Freund weiterziehen sieht. "Er ist gekommen in Sturm und Regen" und hat verwegen ihr Herz berührt. Der Rest bleibt ein Geheimnis. Kein Geheimnis ist, dass Brahms sich in die Schumann-Tochter Julie (Josefine Heller) verliebte und als Trauzeuge bei ihrer Hochzeit mit einem italienischen Grafen fungierte.

Merkwürdige Schicksale kreuzen sich, während Gropius (als einziger aus dem Ensemble schon Student mit einer professionell geschulten Stimme: Peter Remboldt) Brahms? "Ernste Gesänge" intoniert. Als Passantin in dieser Vergänglichkeits-Revue überzeugt auch Stefanie Woelke.

Die ganzen emotionalen Beziehungskisten fliegen in den Himmel der Musik , die Nico Weigl am Flügel so sorgfältig begleitet, dass das begeisterte Publikum bei der Uraufführung dieses jungen Meisterwerks nach knapp zweieinhalb spannenden Stunden mit einer Pause kaum noch auf den Plätzen zu halten war.

Nächste Vorstellungen am 24. und 28. Februar um 19.30 Uhr in der Halle Beuel des Theater Bonn. Ticketshops der GA-Zweigstellen.

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