Bundeskunsthalle in Bonn Land unter in Florenz

BONN · Die Bundeskunsthalle stellt das 1905 von Max Klinger gegründete deutsche Künstlerhaus Villa Romana vor.

 Radikale Vision: Die Architektengruppe "Superstudio" spielte 1971 in einer Collage mit dem Gedanken, Florenz unter Wasser zu setzen. Von der ganzen Pracht bleiben nur die Domkuppel und die Spitze des Campanile.

Radikale Vision: Die Architektengruppe "Superstudio" spielte 1971 in einer Collage mit dem Gedanken, Florenz unter Wasser zu setzen. Von der ganzen Pracht bleiben nur die Domkuppel und die Spitze des Campanile.

Foto: Bundeskunsthalle

Mit italienischen Altstädten umzugehen, sollte man eigentlich nicht der Politik allein überlassen oder touristischen Vermarktern. Auch Architekten, zumal von der anarchischen Gruppe "Superstudio", 1966 von sechs Florentiner Architekten gegründet, legten in den frühen 70er Jahren eigene Überlegungen zum Thema vor. Mailand etwa könnte man mit einem riesigen Käfig überspannen; für das vom Verrotten bedrohte Venedig böte sich eine Trockenlegung an, die Wasser-Anmutung ließe sich durch blau gefärbte Glasbausteine suggerieren; da in Pisa alles nur auf den Schiefen Turm schielt, könnte man zwecks Attraktivitätssteigerung den Turm gerade ausrichten und den Rest der Stadt in die Schräge setzen; Neapel würde man mit einem riesigen Panorama-Zylinder, Duftbeigaben und Gesängen ins goldene 19. Jahrhundert versetzen. Für ihre Heimatstadt Florenz hatte die kritische Architektengruppe Brutales vor: Da das bedeutendste Ereignis der Stadt wohl das Hochwasser vom 4. November 1966 war, könne man diesen Zustand perpetuieren und die Stadt einfach fluten.

Collagen, Zeichnungen und Konzepte begleiten den radikalen Projekt-Entwurf von "Superstudio". Sie hängen in der Bundeskunsthalle einträchtig neben ganz anderen Florenz-Impressionen, etwa den idyllischen Ausblick Max Beckmanns von der Villa Romana, dem deutschen Künstlerhaus in Florenz. Beckmann war 1906 einer frühen Gäste in der Villa. Aktuelle Gäste können zum Beispiel in einem Zimmer nächtigen, das mit einem Bett der "Superstudio"-Reihe "Misura" (1970), von Marine Hugonnier geklont, möbliert ist, und über die bösen Visionen von "Superstudio" grübeln.

1905 hatte der Maler Max Klinger die klassizistische Villa in der Florentiner Via Senese erworben und dort das Künstlerhaus Villa Romana gegründet. Georg Kolbe, Max Beckmann, Käthe Kollwitz und Ernst Barlach gehörten zu den frühen Gästen der Villa. Bis heute können dort Stipendiaten wohnen. Eine Jury vergibt jährlich an vier in Deutschland lebende Künstler den Preis der Villa Romana, der mit einem Stipendium und einem zehnmonatigen Aufenthalt in Florenz verbunden ist.

Dieser maßgeblich durch den Bund und die Deutsche Bank Stiftung geförderten Initiative ist eine eigene Ausstellung im Rahmen der großen Bonner "Florenz!"-Schau gewidmet. Die äußerst begehrte historische Schau - sie hat seit dem Start am 22. November bereits 8 500 Besucher in die Bundeskunsthalle gelockt - endet mit dem Ausgang des 19. Jahrhundert. Das 20. und beginnende 21. Jahrhundert wird durch die Brille der Villa Romana beleuchtet - eine reizvolle Perspektive, die über hundert Jahre Kunst und Kreativität umfasst.

213 Künstler sind in dieser Zeit mit dem begehrten Villa Romana Preis ausgezeichnet worden - ein Who's Who der deutsche Kunst. Vielen begegnet man in der Schau. Max Klinger etwa mit Radierungen und Auszügen aus seinem Briefwechsel, Gotthard Graubner mit einer völlig unüblichen, halb poetischen und sarkastischen Adam-und-Eva-Zeichnung. Georg Baselitz und Norbert Tadeusz sind ebenso vertreten, wie jüngere Künstler, etwa Martin Pfeifle, Preisträger von 2010, und Amelie von Wulffen, die im Jahr 2000 nach Florenz durfte. Interessant ist der Blick auf die Sieger des Jahres 2013. Herausragend sicherlich die an Motive von van Eyck und Memling angelehnten Teppiche der in Berlin lebenden Kanadierin Shannon Bool, die bereits 2011 im Bonner Kunstverein begeisterte. Auch die übrigen Preisträger, Marichen Danz, Heide Hinrichs und Daniel Maier-Reimer sind mit spannenden Arbeiten in der Ausstellung vertreten.

Bundeskunsthalle; bis 9. März. Di, Mi 10-21, Do-So 10-19 Uhr. Katalog (Walther König) 25 Euro. Themenführungen am Samstag, 28.12., 12 Uhr, und Samstag, 25.1., 15 Uhr.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Die Stunde der Sieger
Abschluss Deutscher Musikwettbewerb in Bonn Die Stunde der Sieger
Zum Thema
Aus dem Ressort
Magie in Mono
Geschenktipps der Feuilleton-Redaktion Magie in Mono