Überarbeitet und aktualisiert Kunstmuseum Bonn bringt Führer durch die Sammlung heraus

Bonn · Als "populärer Führer" wandte sich das im Jahr 2000 herausgekommene Handbuch zum Kunstmuseum Bonn ans Kulturvolk, ein lesenswertes Kompendium zur Geschichte der Institution und Struktur von Sammlung und Museum. Die Zeiten haben sich gewandelt: Der gerade herausgekommene neue Führer ist, zumindest auf dem Umschlag, nicht mehr "populär".

 Besucher im Künstlerraum von Franz Ackermann beim Museumsjubiläum im vergangenen Jahr.

Besucher im Künstlerraum von Franz Ackermann beim Museumsjubiläum im vergangenen Jahr.

Foto: Thomas Kliemann

Geblieben ist der Zusatz "Vom Rheinischen Expressionismus bis zur Kunst der Gegenwart", was exakt beschreibt, für was die Institution steht, welches Alleinstellungsmerkmal sie in der bundesdeutschen Museumslandschaft hat. Der alte Führer warb noch mit August Mackes "Seiltänzer" und der "Hand Gottes" von Baselitz auf dem Cover.

Der Neue bringt Katharina Grosses riesige Farbscheibe "In Seven Days Time" vor dem Kunstmuseum groß heraus. Kleiner dann Mackes "Türkisches Café". Auffallend ist eine ganz verwandte Farbigkeit und die Botschaft: In diesem Haus gibt es eine Entwicklung der Malerei zu sehen, die von Macke bis in die Gegenwart reicht.

Mit dem alten Museumsführer aus dem Jahr 2000 konnte sich das Kunstmuseum Bonn wirklich nicht mehr sehen lassen. Was nicht an der Güte der Texte und Abbildungen liegt, sondern daran, dass es sich doch in den vergangenen 13 Jahren ungeheuer viel getan hat: Das Haus hat nicht nur einen Direktorenwechsel - von Dieter Ronte zu Stephan Berg - hinter sich, es hat auch die Jahrzehnte lang prägende Sammlung Grothe mit wichtigen Werken von Beuys und Kiefer, Richter, Polke und Graubner verloren.

Das Kunstmuseum hat sich im vergangenen Jahrzehnt Inhaltlich verändert, was ein großes Plus der Ära Berg ist. Immer wieder hat er die Künstlerräume neu sortiert, die eigene Sammlung des Hauses befragt, einige Positionen zu Diskussion gestellt. Bergs subjektiver Blick auf die Kunst und die Bonner Bestände hat sich in den groß angelegten Rochaden manifestiert. Manches verschwand, einiges Neue kam ins Haus, insbesondere durch Sammlungen wie Scharpff, Mondstudio oder Posselt, die Berg mit viel Geschick ans Haus gebunden hat.

Wie sein Vorgänger Ronte (Direktor 1993-2008) hat sich auch Berg an das unter anderem von Katharina Schmidt (1985-1992) entwickelte Prinzip der Künstlerräume gehalten, das zum Ziel hat, eine paradigmatische Gruppe herausragender Künstler im Kontext ihres eigenen Werks zu sammeln und zu präsentieren. Gerade unter Berg wurde das Prinzip neu aufgeladen.

So ist der neu erschienene Führer weit mehr als ein Leitfaden für die Sammlung, für den Besucher des Hauses. Es ist auch die knappe Bilanz einer engagierten Sammlungs- und Museumspolitik, die die Institution Kunstmuseum von den Anfängen einer bürgerschaftlichen Initiative in der Villa Obernier in die Bundesliga deutscher Museen, bisweilen sogar europäische Champions League (Philip Guston, Nedko Solakov, Kris Martin), geführt hat.

Lobte Ronte im Jahr 2000 das Kunstmuseum Bonn noch als "Labor, ein Ort der Experimente, spannungsgeladen, widersprüchlich, für alle offen", macht Berg 13 Jahre später eine Akzentverschiebung zu einem "Ort genereller Bildreflexion" aus. Der Blick des Hauses richte sich nicht mehr auf eine einzelne Gattung, "sondern auf die dahinterstehende, grundsätzliche Fragestellung, was Bilder im Allgemeinen auszeichnet, wohin sie sich entwickeln, welchen Fragestellungen, Anforderungen und Überforderungen sie im Zeitalter einer "Visual Culture" ausgesetzt sind, die das Bild zunehmend als schnell konsumierbare Reiz- und Benutzeroberfläche begreift." Dieses Zitat von Berg ist die Ouvertüre zu einer Reihe anregender Texte.

Berg selbst führt in die exzellente Architektur von Axel Schulten ein. Volker Adolphs wiederholt großteils seinen lesenswerten Artikel über Macke und den Aufbruch in die Moderne aus dem Jahr 2000; Christoph Schreier steuert einen neuen, nicht minder fundierten und anregenden Überblickstext zu "Deutsche Kunst - Kunst in Deutschland" bei;. Stefan Gronert schließlich hat seinen Text von 2000 über die Multiples von Joseph Beuys gründlich überarbeitet und trägt Wissenswertes über die grafische Sammlung zusammen.

Was dann folgt, ist ein von den Wissenschaftlern des Hauses realisiertes, engagiert und erhellend geschriebenes A bis Z der Sammlung, das sich von Franz Ackermann bis Erwin Wurm buchstabiert. 40 Künstler, die allesamt ihre Spuren im Museum und in der Sammlung hinterlassen haben, viele davon in den Künstlerräumen zu sehen sind, werden hier vorgestellt. Eine Meisterleistung.

Kunstmuseum Bonn. Vom Rheinischen Expressionismus bis zur Gegenwart. 175 S, 10 Euro. Den Führer gibt es an der Museumskasse und im Buchhandel: ISBN: 978-3-943676-01-3

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