Ausstellung im Roentgen-Museum Kunsthandwerk der Manufaktur von Sigismund Stobwasser in Neuwied

Neuwied · Nicht allein die Gründung der Manufaktur Stobwasser vor genau 250 Jahren, auch die durch zwei Heiraten geschaffenen Verbindungen der Familien Roentgen und Stobwasser haben die Idee der Ausstellung "Reinheit, Feuer & Glanz" genährt.

 Schnupftabaksdose "Schöne mit Spitzenhaube".

Schnupftabaksdose "Schöne mit Spitzenhaube".

Foto: Museum

Mit dieser Initiative führt das Roentgen-Museum Neuwied erstmalig, wie es im Untertitel heißt, "Kunsthandwerk von Weltrang" der beiden Unternehmen zusammen. Die Zeiten brachten es mit sich, dass ihre Produkte gleichermaßen den Stilwandel vom Rokoko zum Klassizismus vollzogen.

Die Kunsttischlerei Roentgen hatte sich 1750 in Neuwied niedergelassen und stellte europaweit begehrte Luxusmöbel, aber auch Kleinkunst wie zierliche Schatullen her. Sigismund Stobwasser und sein Sohn Johann Heinrich dagegen waren 1763 dem Ruf des kunstsinnigen Herzogs Karl I. nach Braunschweig gefolgt, wo Johann Heinrich mit der kaufmännischen Unterstützung des Vaters die "Fabric von lakirten Waren" eröffnete.

Fortan produzierte er dekorative Utensilien für den anspruchsvollen Hausgebrauch und so genannte Galanteriestücke: Kästchen, Tabletts, Trinkbecher, Tabak- und Schnupftabakdosen sowie Handstöcke, aber auch Gemälde und Möbel. Vorausgegangen war allerdings die geradezu alchimistische Suche nach der Rezeptur des geheimen "Arcanus", des feuer- und wasserresistenten Lackes, den der blutjunge Johann Heinrich zuvor auf "Ansbacher Lackwaren" gesehen und bewundert hatte.

Als Werkstoffe dienten Papiermaché, gewalztes Eisenblech, Holz und eben jener Lack aus geriebenem Bernstein und Kopalharz. Anfangs dekorierte Johann Heinrich seine Produkte eigenhändig, ehe er - bis zu 40 - hauseigene und freie Maler beschäftigen konnte. Nicht selten haben auch bekannte Künstler wie Anton Raphael Mengs oder Angelika Kauffmann Pate gestanden.

François Boucher lieferte "Die Entführung der Europa" als luftiges Rokoko-Motiv für eine Tischplatte - und für das Titelbild des schönen Katalogs. Der Erfolg stellte sich auch bei Stobwasser sehr bald ein; Adel und Herrscherhäuser zählten zu seinen Kunden. König Friedrich II. ermunterte schon 1773 den Jungunternehmer zu einer Filiale in Berlin.

Die Ausstellung, die auch die tüchtigen Unternehmer des 18. Jahrhunderts in Porträts vorstellt, ist motivisch gegliedert. Dem recht volkstümlichen Genre, das hier auch karikierte Darstellungen der fünf Sinne einbezieht, folgen Landschaften und Veduten, etwa von Harz und Rheinlauf einerseits sowie von Berlin und Dresden andererseits.

Dann sind es zeitgenössische Herren, Fürsten und Herrscher, aber auch ein melancholischer Friedrich Schiller, die zumeist runde Schnupftabakdosen zieren. Die "Schönheiten-Galerie" dagegen gehört ganz den Damen. Ihre anmutigen Bildnisse lassen wechselnde Moden und Schönheitsideale erahnen. Und kaum zu glauben: Selbst erotische Motive waren in Schnupftabakdosen mit doppeltem Boden gefragt. Sie aber sind ziemlich freizügig und frivol. Dann allerdings endet der Parcours bei den religiösen Themen.

Schließlich verrät der Vergleich der Möbel, etwa zweier stattlicher "Rollbüros", die Vorbildlichkeit der Tischlerei Roentgen, die ihre Produkte mit feinsten bildlichen Marqueterien schmückte, während man in der Manufaktur Stobwasser zur eigenen Lackmalerei griff.

Auch der Braunschweiger Ziertisch mit einer historischen Darstellung nach Angelika Kauffmann kann das Vorbild des Roentgen-Tisches mit vegetabilen Holzeinlagen nicht leugnen. Als gänzlich eigenständig dagegen erweisen sich die elegant geschwungenen Tische, die der bei Stobwasser eingeheiratete Franzose Jean Guérin entworfen hat.

Roentgen-Museum Neuwied bis18. August; Di- Fr 11-17, Sa und So 14-17 Uhr; Katalog 25 Euro

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