Kunst-Tempel mit Gleisanschluss

Ein halbes Jahr vor Eröffnung des Neubaus für Arp Museum in Rolandseck spricht Klaus Gallwitz über Programm: Anselm Kiefer trifft Hans Arp

Kunst-Tempel mit Gleisanschluss
Foto: Fischer

Rolandseck. Das Tableau für die Eröffnung am 28. September ist noch nicht ganz komplett. Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie der rheinland-pfälzische Ministerpräsident und SPD-Chef Kurt Beck haben schon zugesagt.

"Um zu wissen, wer aus Frankreich kommt, dafür müssen wir erst die Präsidentschaftswahlen abwarten und erfahren, wer das Rennen macht, Ségolène Royale oder Nicolas Sarkozy", sagt Museumschef Klaus Gallwitz, der für den Start von Richard Meiers Arp-Museum in Rolandseck mit sehr hohem Besuch rechnet.

Schließlich war der der frankophile Künstler Hans Arp (1886-1966) ein Europäer par excellence, was nicht nur die bedeutenden Arp-Sammlungen in Locarno und Meudon bei Paris belegen. Hinzu kommen die wichtigen musealen Arp-Komplexe in Basel und Straßburg, Köln und auf der Insel Hombroich.

Rolandseck reiht sich mit seinen Beständen der Stiftung Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp nun in diese europäische "Perlenkette" (Gallwitz) ein. International soll auch die Premiere im neuen Haus oberhalb des historischen Künstlerbahnhofs gestaltet werden:

Mit Leihgaben aus Europa und Übersee sowie Werken aus der eigenen Sammlung wird im Obergeschoss des Meier-Baus unter dem Titel "Die Natur der Dinge" ein breites Arp-Panorama präsentiert. "Das ist das Herz von Arps Kunst", erläutert Gallwitz, "wir zeigen das Wechselspiel von der Natur als Idealform und der Welterfahrung."

Als Partner von Arp hat Gallwitz eine echte Überraschung parat: Er wird frühe Arbeiten des in Frankreich lebenden und stetig an Deutschland und seiner Geschichte leidenden Anselm Kiefer zeigen - rund um den Komplex "Deutschlands Geisteshelden". Was könnte besser zu diesem Ort passen?

"Rheinromantik, das Verderben der Nibelungen, all das steckt in dieser Ausstellung," erläutert Gallwitz, für den die Präsentation von Kiefer auch ein Ausflug in die eigene Biografie ist. 1980 - da war Gallwitz, der langjährige Direktor des Frankfurter Städel, Kommissar des deutschen Pavillons auf der Biennale in Venedig - zeigte er Kiefer und Baselitz.

Und sorgte damit für einen Skandal. Eben diese Holzschnitte von Kiefer - "eine deutsche Walhalla" (Gallwitz) - will er nach Rolandseck holen. Kiefers an deutschen Geistesgrößen orientierte Geschichtsarbeit wurde damals als faschistoid missverstanden.

Die Ausstellung in Venedig gilt gleichwohl als eine der herausragenden Gastspiele in der langen Tradition des deutschen Pavillons - 1976 bis 1980 war Gallwitz der Kommissar. Auch die Zusammenarbeit mit dem Stararchitekten Meier hat viel mit Gallwitz` Biografie zu tun.

Nach der Pensionierung in Frankfurt war er Gründungsdirektor des Museums Frieder Burda in Baden-Baden - eine äußerst gelungene Meier-Villa. Seit April 2006 ist Gallwitz - inzwischen 76 Jahre alt - Direktor des Arp-Museums. Vertragsende: 31. März 2008. Der Nachfolger soll erst nach der Eröffnung gesucht werden. Gallwitz hat nur noch wenige Monate bis zum Startschuss in Rolandseck.

"Allerspätestens Ende Juni" möchte er den Bau übernehmen, Mai war eigentlich vorgesehen. Die Zeit für Probelauf und Einrichtung ist knapp. Eine Reihe von Arbeiten aus dem Nachlass von Marguerite Arp müssen in den eigenen Bestand integriert werden, eine willkommene Ergänzung, denn "wir sind nicht die Besten."

Das leidige Thema von posthumen Nachgüssen, Verkleinerungen und Vergrößerungen von Plastiken in der Rolandsecker Sammlung, das immer wieder für negative Schlagzeilen sorgte, will Gallwitz vorsichtig angehen: "Wir zeigen erst, was wir haben, und eröffnen dann eine sachliche Diskussion." Und fügt hinzu: "In meiner Amtszeit gibt es keine Nachgüsse."

Klare Vorstellungen hat der Direktor auch von dem zukünftigen Profil der "Arp-Burg auf dem Berg": "Wir werden kein Durchlaufhaus von Blockbustern sein, wir werden einen festen Arp-Block haben - es ist kein Tempel, sondern ein Platz der Begegnung." So sollen in Zukunft Weggenossen, natürlich auch Sophie Taeuber-Arp, zu Wort kommen.

Für den Eröffnungsreigen hat Gallwitz verschiedene Positionen zum Dialog nach Rolandseck eingeladen, "eine Partitur mit fünf Stimmen" nennt er das. So wird Anton Henning, der bereits das Bahnhofs-Restaurant gestaltete, das Entree des Bahnhofs Rolandseck bespielen. Eine 15 Meter lange Lichtschlange der Berlinerin Barbara Trautmann soll den Tunnel zum Neubau erhellen.

Den Pavillon am Rande der Gleise wird Johannes Brus mit einem "Atelier des Bildhauers" füllen: Ein vielversprechendes Panorama über die Schöpfung, ein Fundus aus Tier- und Menschenwelt, wird dort mit Brus` "Arche Noah der Künste" (Gallwitz) eine Brücke zu Arp und dessen Philosophie schlagen.

Die spürt Gallwitz überall in diesem "einzigen Museum mit Gleisanschluss", das mit Literatur und Musik ein ganz eigenes Profil hat. Wem das letztendlich zu verdanken ist, wird nicht verschwiegen: Ab Mitte März erinnert das Haus unter dem Titel "Wunderkammer Bahnhof Rolandseck" an Johannes Wasmuth und dessen Sammlung.

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