Kunst soll Augen und Geist öffnen

Kulturwege in der Bonner ifa-Galerie

  Tanja Ostojic  vor ihrer Arbeit "Integration Project, 2002-2003".

Tanja Ostojic vor ihrer Arbeit "Integration Project, 2002-2003".

Foto: Franz Fischer

Bonn. Menschenschlangen ziehen sich durch die Straßen von Lagos. Tagelang hat sich Emeka Udembas in den Wartebereich der Deutschen Botschaft eingereiht, sich die Zeit mit Fotografieren vertrieben, bis er endlich, mit Formularen ausgerüstet, seine Reise in den Westen antreten konnte. Jetzt verbarrikadiert ein abstruser Wirrwarr von Schranken und Schienen den Zugang zur Fotodokumentation, ein handfestes Sinnbild für Spießrutenlauf, Schikane und Frustration.

In seiner Installation "Sensation of Paradise" konfrontiert der mittlerweile zwischen Nigeria und Deutschland pendelnde Künstler sonnige Heimatszenen mit ernüchternden Kommentaren zum kalten Westen.

"Visa oder die Verhinderung des Reisens" heißt eine nachdenklich stimmende Schau aus der ifa-Ausstellungsreihe "Handelsrouten, Kulturwege".

Dass der chilenische Künstler Edgar Endress aufgrund nicht näher bekannter Komplikationen an der Vernissage nicht teilnehmen kann, scheint Aktualität und Relevanz des Titelthemas zu unterstreichen. Sein Beitrag ("Bon Dieu Bon") führt in das Archiv eines Forschers.

Ausgangspunkt komplex angelegter Recherchen bilden authentische Fundsachen. Dokumente, persönliche Requisiten stammen von illegalen Migranten, die von Haiti, von der Dominikanischen Republik aufgebrochen sind, um in den USA eine neue Heimat zu finden.

Entwurzelung, Heimatverlust und Orientierungslosigkeit, überhaupt Flüchtlingsschicksale sind die Brennpunkte der am und für den Ausstellungsort entworfenen Installation "Sobre del Biotop" des Dominikaners Marcos Lora Read.

Man blickt in ein zeltförmiges Holzgerüst, wo sich in einem Müllsack offensichtlich verschlissene Kleidungsstücke befinden; eingeklemmt in ein Stativ sind filigrane Reproduktionen auf Glas, das Bildnis eines Indianerhäuptlings.

Beklemmend mutet vor allen Dingen jene Wirklichkeitsnähe an, die in den umfangreichen Projektsequenzen der Künstlerin Tanja Ostojic greift. Rigoros hält sich die derzeit in Düsseldorf lebende Serbin an ihre Maxime "Kunst soll Augen und Geist öffnen".

Am Anfang steht ein illegaler Grenzübertritt, der in einer dreitägigen Performance (2001) an der slowenisch-österreichischen Grenze Gestalt annimmt. Persönliche Vita und künstlerisches Opus verzahnen sich von nun an konsequent.

ifa-Galerie, Willy-Brandt-Allee 9, bis 1. Juni. Di. bis Fr. 12 bis 18 Uhr, Sa., So. 12 bis 17 Uhr. Katalog 9 Euro.

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