Martin Schumacher Kulturdezernent stellt sein Konzept vor

Bonn · Nach einem Jahr mit Runden Tischen und Expertengesprächen stellt Martin Schumacher sein Kulturkonzept vor. Er hat im Turbodurchgang die Bonner Kulturlandschaft besser kennengelernt als irgendein Vorgänger im Amt.

"Der Weg war ein Stück weit auch das Ziel", Martin Schumacher erinnert sich an viel Sachverstand und Engagement, lobt das "zielorientierte Arbeiten" in "neuen Netzwerken und Kommunikationsmöglichkeiten".

Der Kulturdezernent wirkt erleichtert und glücklich, zumal er im Turbodurchgang die Bonner Kulturlandschaft besser kennengelernt hat als irgend ein Vorgänger im Amt: Über ein Jahr lang haben 150 Experten an zehn Runden Tischen in drei Zyklen getagt, am Mittwoch stellte Schumacher ein 150-seitiges Papier vor, das auch als 82-seitige "Kurzfassung" nicht zur kurzweiligen Lektüre taugt.

Das "Kulturkonzept für die Stadt Bonn 2012-2022" ist eine profunde, gründliche Bestandsaufnahme, der man das Grübeln von 150 Experten anmerkt. Eine vergleichbare Untersuchung über die Bonner Kultur hat es bislang noch nicht gegeben.

Von der Vision und den Leitlinien geht es zu den "wichtigsten Zielen des Kulturkonzeptes" und zu den "zehn Handlungsfeldern" von der Darstellenden Kunst bis Beethoven.

Schumachers Papier gibt der Darstellung des Ist-Zustands großen Raum. Wichtiger für den Bonner Kulturnutzer und die Politik, die am 13. November das Kulturkonzept in erster Lesung im Kulturausschuss behandelt, dürfte sein, welche konkreten Ergebnisse die Studie bringt.

Hier sind die zentralen Punkte des Kulturkonzepts:

  • Theater: Die Experten plädieren für eine Zusammenlegung der zwei Theaterstandorte Beuel und Bad Godesberg mit der Oper als "echtes Gravitationszentrum". Die Kammerspiele sollten einer "alternativen kulturellen Nutzung" zugeführt werden, nicht unter der Regie der Stadt. Unter dem Schlagwort "Bonner Modell" firmiert ein Theaterzentrum à la Kampnagel (Hamburg) in Beuel für die freien Gruppen.
  • Musik: Oper wird als "wichtige Impulsgeberin" gesehen, das Orchester als Hauptakteur, das Festspielhaus als Ort der Synergien. Deutliche Defizite gibt es bei der Popularmusik. Da soll es, so Kulturkonzept, einen eigenen Beauftragten geben sowie eine "autonome Stabsstelle Veranstaltungskoordination" und ein "Zentrum für globale Musik".
  • Bildende Kunst: Die lokale Künstlerszene soll durch geförderte Ateliers und Projekträume gestärkt werden, man wünscht sich einen temporären Pavillon für Ausstellungen auf dem Museumsplatz und eine Aufwertung des Macke-Viertels.
  • Literatur: Neben der Förderung lokaler Autoren fordert das Expertenpapier eine "innerstädtische Präsenz" des Literaturhauses Bonn - als "Literaturbüro südliches NRW" - vorzugsweise im Haus der Bildung.
  • Film: Wünschenswert ist laut Expertenmeinung ein jährliches internationales Filmfestival sowie ein Kinderfilmfestival.
  • Kulturelles Gedächtnis: Man hätte gern ein "Zentrum für Bonner Stadt- und Kulturgeschichte".
  • Stadtbaukultur: Als Defizit wurde das Fehlen eines Städtebaubeirates erkannt, man wünscht sich eine Reihe zu baukulturellen Fragen.
  • Wissenschaft: Ein ganzes Maßnahmenpaket zur Intensivierung des Austauschs mit der Universität wird vorgeschlagen.
  • Kulturelle Bildung: Eine Offensive, um alle Generationen zu erreichen, schwebt den Experten vor.
  • Beethoven: Neben einer Modernisierung des Beethoven-Hauses, stehen Festspielhaus und Initiativen zum Beethovenjubiläum 2020 auf der Wunschliste.

Alles soll, so Schumacher "zu 50 Prozent kostenneutral" über die Bühne gehen. Aber: Über Finanzen habe man an den Runden Tischen nicht geredet. Da liest sich wie das Kleingedruckte auf dem Beipackzettel der Passus, dass alles natürlich unter "Haushaltsvorbehalt" stehe.

Über wirklich relevante kulturpolitische Entscheidungen, etwa auf welche Institutionen und Aktivitäten in Zukunft verzichtet werden kann und was letztlich der "Zukunftsfähigkeit der Stadt" zuliebe stärker gefördert werden sollte, darüber schweigt das Konzept. Diese Entscheidungen sollen nach intensiven Gesprächen fallen.

Kunstmuseumschef Stephan Berg, der gestern für die städtischen Institutionen sprach, wertete das Konzept als "kulturpolitische Leitplanke für die politische Planung" und plädierte dafür, "aus der Marke Beethoven eine Inhaltlichkeit zu machen - von der Behauptung zur gelebten Realität".

Beethoven ist für ihn ein "intellektueller Leitfaden für die Stadt", dürfe "keine Verengung auf die Musik" bedeuten. Frank Heuel vom Fringe-Ensemble, Sprecher der feien Kulturanbieter, freute sich darüber, dass es bei den Runden Tischen "um Ideen und nicht um Zahlen" ging und wertet es als großen Gewinn, dass sich alle Akteure der Bonner Kultur auf diese Weise kennengelernt haben.

Das Kulturkonzept soll unter www.kulturkonzept-bonn.de veröffentlicht werden.

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