Kultmusical "Hair" auf der Museumsmeile

Wild, provokativ, gesellschaftskritisch - das alles sind Attribute, die das Musical "Hair" vor mehr als vier Jahrzehnten besaß. Wie aber wirkt die Botschaft der Hippies aus dem Zeitalter des Wassermanns heute?

 Wie 1968: Das "Hair"-Ensemble in voller Aktion.

Wie 1968: Das "Hair"-Ensemble in voller Aktion.

Foto: Horst Müller

Bonn. Wild, provokativ, gesellschaftskritisch - das alles sind Attribute, die das Musical "Hair" vor mehr als vier Jahrzehnten besaß. Wie aber wirkt die Botschaft der Hippies aus dem Zeitalter des Wassermanns heute? Ist Galt Mac Dermots Musical-Botschaft längst Nostalgie und Schnee von gestern oder schwimmt der Geist des Wassermanns noch auf der Welle der Zeit?

Das haben sich die rund 700 Besucher der Musical-Aufführung auf dem Museumsplatz wohl nicht lange fragen müssen. Denn die Londoner Originalversion des Kultmusicals, mit dem die Profi-Truppe aus den Niederlanden von EJB-Entertainment auf der Bonner Open-Air-Bühne gastierte, setzte von Anfang an auf Dynamik und Lebensnähe.

Keine langweilige Konserve - für die Musik spielte eine siebenköpfige Band unter der Leitung ihres Musikdirektors Dave Keech (selbst am Schlagzeug) live auf. Die 21 Sängerinnen und Sänger, die das Kultmusical präsentierten, bestachen allesamt durch ihre individuelle Bühnenpräsenz. Was für die 68er Generation revolutionär und optisch prägnant war, ist auch heute noch nachvollziehbar.

Flower-Power-Romantik war hier nicht gefrag. Lange, ungebändigte Haare, Schlaghosen, Afrolook - die Hippie-Accessoires sind mehr als modische Details. Sie stehen für die Botschaft: "Make love, not war." Ob der Krieg nun in Vietnam oder Afghanistan stattfindet und die Atomkraft-Diskussion Ende der 60er oder 2011 geführt wird - die Schauplätze haben sich geändert, die Botschaft nicht.

Rassismus, sexuelle Befreiung und Selbstbestimmungsrechte - selbst diese Themen bilden noch 44 Jahre nach der Uraufführung von "Hair" Brennpunkte, wenngleich ihre Thematisierung heute abgeschwächte Wirksamkeit besitzt. So ist die umstrittene Nacktszene am Ende des ersten Aktes heute sicherlich nicht mehr ein solcher Bühnenschocker, wie sie es Ende der 60er Jahre war.

Kein Grund für die drei Produzenten Echbert-Jan Bussink, Raymond Aerts und Walter Schuermann, die Szenen umzustricken. Sieht man einmal von der Großbildleinwand und ihren dezenten Originalbildern aus den 60ern ab, so wurde das Original der Londoner Erstaufführung von 1968 beibehalten.

Der Fokus lag neben der Musical-Aussage natürlich auf der legendären Musik wie den Kulthits "Aquarius", "Let the sunshine in", "Hare Krishna" oder der wunderschönen Ballade "Frank Mills", die Crissy-Darstellerin Nikki Mae herausragend interpretierte. Überzeugen konnten auch Stephen Kirwan als Claude Bukowski und Miranda Wilford in der Rolle der Sheila.

Demgegenüber mochte man das Charisma des Hippie-Leaders Berger bei Kurt Kansley nicht so recht entdecken. Insgesamt aber stand der Auftritt der niederländischen Truppe für eine engagierte, musikalisch wie darstellerisch überzeugende Aufführung des Kultmusicals, das Aktualität wahrte.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort