Wallraf-Richartz-Museum Kölner Museum zeigt "Rembrandts graphische Welt"

Köln · Bis zum 12. Januar zeigt das Kölner Wallraf-Richartz-Museum die Ausstellung „Rembrandts graphische Welt“.

 Eine Mitarbeiterin schaut sich im Wallraf-Richartz-Museum eine Radierung von Rembrandt an. Die Ausstellung "Rembrandts graphische Welt" vom 3. Oktober 2019 bis zum 12. Januar 2020 begleitet eine große Rembrandt-Schau, die am 1. November 2019 öffnet.

Eine Mitarbeiterin schaut sich im Wallraf-Richartz-Museum eine Radierung von Rembrandt an. Die Ausstellung "Rembrandts graphische Welt" vom 3. Oktober 2019 bis zum 12. Januar 2020 begleitet eine große Rembrandt-Schau, die am 1. November 2019 öffnet.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Bei Lucas van Leyden sind beide Beteiligten züchtig bekleidet, allein ein umgestoßener Milchtopf zeugt von erotischem Sturm und Drang. Rembrandt ist da bei "Joseph und Potiphars Weib" direkter. Die korpulente Verführerin mit entblößtem Unterleib will den Sklaven in ihren Alkoven locken, der aber wehrt sie ab. Das Blatt mag auf den ersten Blick eher derb wirken und ist doch von höchster psychologischer Finesse. Die Verschmähte blickt dem Begehrten eher sehnsüchtig als zornig nach, während er den Schmerz des tugendhaften Verzichts spürt. Und nicht zuletzt flieht Joseph aus der düsteren Lasterhöhle ins Licht.

Schon dieses Werk bestätigt die Einschätzung von Wallraf-Direktor Marcus Dekiert: "Rembrandts Radierungen gehören zum Wunderbarsten, was es in der abendländischen Graphik zu sehen gibt." Zuständig für dieses Genre ist nun Anne Buschhoff, die ihre Debütschau "Experiment, Wettstreit, Virtuosität - Rembrandts graphische Welt" nennt.

Die fast plumpen Körper wirken wenig paradiesisch

Dabei werden auf orangefarbenen Wänden 27 Arbeiten des großen Niederländers ebenso stil- wie effektvoll mit einigen Werken berühmter Zeitgenossen und Vorläufer konfrontiert. Rembrandt, selbst großer Kunstsammler, besaß ein Blatt von Albrecht Dürers Kupferstich "Adam und Eva" (1504). Das noch nicht sündenfällige Paar posiert hier in edelster Renaissanceschönheit, von der Rembrandt 1638 wenig übrig lässt: Die fast plumpen Körper wirken wenig paradiesisch, Adam hebt warnend die rechte Hand und legt die linke auf den Apfel - Ärger im Garten Eden.

Buschhoffs Auswahl betont die lebenslange Experimentierlust des gebürtigen Leideners (1606-1669). Zunächst sieht man Selbstporträts als Affektstudien: Rembrandt kühn mit vom Barett kaum gebändigter Lockenpracht, dann zwölf Jahre später (bei verbesserter Schraffurtechnik) zornig - oder im Doppelbildnis mit seiner Frau Saskia melancholisch umflort.

Faszinierend, wie er die biblische Szene des barmherzigen Samariters in die Alltagswelt rückt und mit dem Hund, der seinen Haufen auf die Straße setzt, wohl nebenbei noch einen strengen Kunstkritiker rügt. Dem optisch schweren Kupferstich setzt dieser geniale Graphik-Autodidakt die leichthändigere Kaltnadelradierung entgegen, die zeichnerischen Schwung erlaubt und beim kürzeren oder längeren Ätzen der Metallplatte unterschiedliche Helldunkeleffekte ermöglicht. Die meisterhafte Lichtregie Rembrandts offenbart insbesondere das grandiose Blatt "Die drei Bäume". Sie stehen vor nur noch teilweise heiterem, oben und am rechten Rand aber bedrohlich verdüstertem Himmel.

Wer aufgrund des (kaum noch erkennbaren) Personals mit Angler, Liebespaar und Zeichner auf ein holländisches Arkadien schließen möchte, kommt aufgrund der beklemmenden Gesamtstimmung rasch ins Zweifeln. Zumal die Radierung 1643 kurz nach Saskias Tod entstanden ist und daher auch als Spiegel für die seelische Verfassung des Witwers gedeutet werden kann.

Darüber hinaus lassen sich die drei Bäume nicht zuletzt als Golgatha-Symbol lesen. Neben dem einzigen Stillleben (eine Marmor-Kegelschnecke) zeigt das Wallraf vor allem biblische Motive: eine schmerzhaft gen Himmel blickende "Muttergottes in den Wolken" oder das vom Engel in letzter Sekunde verhinderte Menschenopfer Abrahams. Rembrandt druckte stets kleine Auflagen, veränderte die Platte aber oft mehrfach, so dass es Sammler reizte, alle Druckzustände zu besitzen. Den radikalsten Eingriff nahm er an der Radierung "Die drei Kreuze" (1653) vor. In der ersten Version strotz das Werk nur so von Details in den Reaktionen der Kreuzigungszeugen. Im vierten (Kölner) Zustand sind diese Randfiguren fast vollständig in Schwärze versunken. Rembrandt spitzt die Aussage des Bildes dramatisch zu, wie Anne Buschhoff erklärt: "Während er Jesus in die Lichtbahn rückt, wirft er einen Vorhang der Finsternis über das Restgeschehen." In dieser mystischen Abstraktion gipfelt der ebenso anregende wie einleuchtende Parcours fulminant.

Bis 12.1., Di bis So 10 - 18 Uhr, jeden ersten und dritten Do 10 - 22 Uhr. Katalog, 72 S., im Museum zwölf Euro. Obenmarspforten.

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