Kleines Theater Bonn: Ehe währt für immer

Peter Nüesch inszeniert "Tour de Farce" als irrwitzigen Höllentrip - Rekordverdächtiger Rollenwechsel von Susann Fabiero und Martin Zuhr

Kleines Theater Bonn: Ehe währt für immer
Foto: Kleines Theater/Friedhelm Schulz

Bonn. Rebecca ist sauer: Das Zimmer mit Aussicht auf den Parkplatz findet sie lausig, der aufdringliche Hotelboy ist eine Zumutung, und das neue Buch ihres Gatten Herb sollte eigentlich in den Regalen für Horrorliteratur stehen und nicht in der Lebenshilfe-Abteilung.

"Ehe währt für immer" heißt nämlich der Leitfaden zur glücklichen Partnerschaft, für den Herb zehn Jahre lang sein Gehirnschmalz strapaziert und Bibliotheken durchforstet hat. Wobei die eigene Ehe in die Brüche ging. Der einzige Kitt sind die erhofften Tantiemen. Damit das Werk ein Bestseller wird, sind Rebecca und Herb also auf Promotion-Tour durch die USA.

Die wird zur dramatischen "Tour de Farce", geschrieben von dem amerikanischen Autorenduo Philip LaZebnik und Kingsley Day. Beide sind versierte Film- und Fernsehmacher, auf deren Konto neben vielen anderen Erfolgen auch der unverwüstliche "Caveman" geht.

Im Kleinen Theater inszeniert Peter Nüesch, neuer Leiter der Burgfestspiele Mayen, den irrwitzigen ehelichen Höllentrip mit solch atemberaubendem Tempo, dass man bei seiner "Tour de Farce" fast schon an Schaupielerdoping glaubt.

Rekordverdächtig ist auf jeden Fall die Geschwindigkeit der Rollenwechsel, die Susann Fabiero und Martin Zuhr komödiantisch virtuos zwischen Bett, Bad, und Wandschrank bewältigen und dabei gelegentlich sogar hinter der Bühne noch Dialoge weiterspielen, während sie sich schon wieder in eine neue Figur verwandeln.

Das anonyme Hotelzimmer in irgendeiner namenlosen amerikanischen Großstadt hat Bühnenbildner Klaus Ulrich Jakob mit Warhols Monroe-Porträt, dringend erforderlicher Minibar und den unvermeidlichen Türen bestens ausstaffiert.

Martin Zuhr, der gerade noch mit breitem Berlinerisch als Hotelboy die verbiesterte intellektuelle Schriftstellergattin Rebecca genervt hat, taucht, kaum dass dieser endlich auf den Flur bugsiert wurde, durch dieselbe Tür als feinsinniger Literat Herb wieder auf.

"Kommunikation ist der Leitfaden jeder guten Ehe", steht in seinem Buch. Das schlagende Beispiel für brillante Antikommunikation liefern die Wortgefechte des kampferprobten Paares. Schlagende Beweise für die Verlogenheit der unverbrüchlichen Partnerschaft braucht Talkmasterin Pam Blair.

Susann Fabiero, die als Rebecca gerade noch wutschnaubend auf Koffersuche zur Rezeption geeilt ist, steht also plötzlich als elegante Boulevardreporterin (hinreißende Kostüme: Kara Schutte) im Zimmer, um mit Herb dessen Auftritt in ihrer TV-Abendshow zu besprechen. Dass sie dabei heimlich noch ihren Kameramann samt Stativ und Schlagbohrer im geräumigen Kleiderschrank platziert, gehört halt zu den Tricks des investigativen Journalismus.

Auf der dunklen Bühne versammeln sich im Laufe des Abends insgesamt zehn Figuren da, obwohl's nur zwei sind, die begnadet gnadenlos alles spielen. Selbstverständlich gibt's ein Happy End, denn "Was Gott der Herr gezimmert, trennen Menschen nimmer".

Die kühnen deutschen Reime stammen von Übersetzer Daniel Call, der auch für die Texte zum Musical-"Ring" in der Bonner Oper verantwortlich zeichnet. Die Story ist ganz einfach Blödsinn; die zwei Darsteller in jeweils fünf irrsinnig verzwickten Rollen sind ein Theaterwunder vom Feinsten. Absolut sehenswert! Fand auch das minutenlang jubelnde Premierenpublikum im Kleinen Theater.

Bis zum 14. Mai fast täglich auf dem Spielplan des Kleinen Theaters. Karten: (0228) 36 28 39.

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