Klaviervirtuose Vadim Chaimovich im Augustinum
Von Bach zu Schubert - Nach der New Yorker Carnegie Hall gastiert der Litaue nun wieder in Bonn
Bonn. Von Bach zu Schubert, ein solcher Übergang birgt Tücken: nicht jedoch für Vadim Chaimovich, der jetzt erneut Gast im Augustinum war. Der 1978 im litauischen Vilnius geborene Pianist, der dieses Jahr die Weihen der New Yorker Carnegie Hall empfangen hat, ist ein exzellenter Lyriker, dem es überzeugend gelingt, das poetische Potenzial aus Johann Sebastian Bachs zweiter Französischer Suite (BWV 813) hervorzukitzeln, ohne das Werk an den Manierismus zu verraten.
Die Staccati der Courante oder Air wirken nicht unerbittlich gemeißelt, sondern werden mit sensibler Musikalität fast intim dem Flügel abgefordert, wobei Bachs metrische Vorstellungen durchaus Berücksichtigung finden. Franz Schuberts B-Dur-Impromptu aus op. 142, Variationen eines sanglichen Themas, sie klingen hier wie geradlinige Meditationen, schnörkellos und absolut frei jeglicher geschmäcklerischer Romantizismen.
Als glänzender Haydn-Interpret hatte sich Chaimovich im Theatersaal des Augustinums bereits im vergangenen Sommer empfohlen. Jetzt war er mit der frühklassisch munteren Sonate E-Dur, Hob. XVI, 31 zu hören, deren Gehalt er keiner vordergründigen Verspieltheit opferte. Bei Felix Mendelssohn Bartholdys Andante Cantabile e Presto Agitato, das im Werkkatalog die Nummer WoO 19 trägt, schien sich im presto agitato eine wahrhafte Elfenschar entfesseln zu wollen - samt launigem Oberon-Grollen.
Zum Finale schließlich gab es Franz Liszt: Die mit Wagners "Tristan"-Motiv kokettierende "Loreley"-Paraphrase (nach Heinrich Heines berühmtem Gedicht) und, als abschließendes Bravourstück, die Klaviertranskription des Mephisto-Walzers (bei dem sich Liszt nicht von Goethe, sondern von dem Dichter Nikolaus Lenau inspirieren ließ) mit aberwitzig unterschwelliger Jazz-Attitüde.
