Beethovenfest Klaviermusik und Tanz

Bundeskunsthalle: Saburo Teshigawara und Rihoko Sato improvisieren tanzend zu Bach und Cage

 Alles ist in sanftem Fluss: Pianist Francesco Tristano nd die Tänzerin Rihoko Sato. FOTO: BARBARA FROMMANN

Alles ist in sanftem Fluss: Pianist Francesco Tristano nd die Tänzerin Rihoko Sato. FOTO: BARBARA FROMMANN

Foto: barbara frommann

Dunkel ist es auf der Bühne der Bundeskunsthalle. Licht gibt es nur auf dem Mann am Flügel sowie in den Quadraten und Streifen, die Scheinwerfer aus der Schwärze herausschneiden: Das ist die "Landscape", die Pianist Francesco Tristano sowie die Tänzer Saburo Teshigawara und Rihoko Sato beim Beethovenfest vorstellen, von außen.

Die inneren Landschaften, die sich im Laufe des Abends entfalten, sind unendlich viel heller und abwechslungsreicher. "Hello" heißt das von Tristano selbst komponierte Eröffnungsstück, mit dem auch Teshigawara das Publikum begrüßt. Die Schultern beginnen sich zu regen, dann erwachen Arme und Kopf, bis mit dem sich beschleunigenden Groove des elektronisch verstärkten Yamaha-Flügels auch die Aktionen des Tänzers schneller, wilder, wendiger werden.

Saburo Teshigawara ist seit vielen Jahren Japans herausragendster Vertreter des modernen Tanzes. Der in klassischem Ballett und Bildhauerei ausgebildete Künstler hat ein untrügliches Gespür für die Wechselwirkung von Klang und Raum. "In der Musik", so der Tänzer, "gibt es dünne und dicke Stränge, kleine und große, leichte und schwere; werden diese verwoben, kann sich der Raum mal dick und schwer, mal dick und leicht anfühlen. Oder winzig und schwer etc. . . ".

Keine Choreographie schreibt die virtuose Bewegungssprache von "Landscape" vor - Teshigawara hört die Musik mit jedem Muskel und jedem Nerv und übersetzt sie in Bewegung, ohne sich ihr zu unterwerfen. Dabei entsteht ein improvisierter Dialog zwischen Klang und Körper, zwischen Sein und Vergehen, in dem der Tänzer nach Belieben einen schnellen Rhythmus mit synchron schnellen Schritten abbildet oder auch mal die Zeit verlangsamt oder sogar anhält.

Das funktioniert am besten mit den "Goldberg"-Variationen und der Französischen Suite Nr. 2 c-Moll von Johann Sebastian Bach: Am Flügel modelliert Tristano die ineinander verschlungenen Melodiebögen plastisch heraus, auf der Tanzfläche malt Teshigawara die musikalischen Sequenzen in verschiedenen Texturen und Pinselstrichen: hier der konzentrierte Bildhauer, dort der Kalligraph, der sich zuweilen auch eine ironische Geste gestattet.

Rihoko Sato improvisiert mit noch leichterer Hand. Wenn sie tanzt, ist alles sanfter Fluss, Welle, Wirbel - doch immer bestechend klar. Nur ein kleines bisschen weniger Schwerkraft, und die zierliche Japanerin würde sich zu den ätherischen Klängen des titelgebenden Stücks "In a landscape" von John Cage wie selbstverständlich emporschwingen, um ihre Kurven, Achten und Kreise in den Himmel zu zeichnen.

Beiden Tänzern gelingt es scheinbar mühelos, die Spannung ihrer immer neuen Impromptu-Begegnung mit der Musik auf die Zuschauer zu übertragen: Eine schöne und sinnliche Erfahrung für alle, die sich darauf einlassen.

Das gilt auch für das Solo von Francesco Tristano: In seinem Werk "Higashi" kombiniert der luxemburgische Pianist, der dafür bekannt ist, Klavier und Synthesizer wie ein DJ einzusetzen, sein Tastenspiel mit Saitenzupfen und Flügeltrommeln. Noch eine Klanglandschaft mit atemberaubenden Aussichten.

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