Klaus Hoffmann - Das süße Leben

Der Liedermacher (59) stellt im Beueler Brückenforum sein neues Album vor.

 Der Liedermacher Klaus Hoffmann (59) stellt im Beueler Brückenforum sein neues Album vor.

Der Liedermacher Klaus Hoffmann (59) stellt im Beueler Brückenforum sein neues Album vor.

Foto: dpa

Klaus Hoffmann ist der Grandseigneur des deutschen Chansons. Als Schauspieler überzeugte er in Filmen von Ingmar Bergman, er spielte die Titelrolle in Ulrich Plenzdorfs „Die neuen Leiden des jungen W.“. Sein neuester Coup ist das Album „Das süße Leben“. Es enthält 15 schwungvolle und nachdenkliche Songs aus eigener Feder. Mit Klaus Hoffmann (59) sprach Olaf Neumann.

General-Anzeiger: Im Begleitheft zur CD danken Sie Hildegard Knef für die ersten Zeilen von „Die Stadt hat heute dein Gesicht“. Hatte die Knef das extra für Sie geschrieben?

Klaus Hoffmann: Nee, die Zeile stammt aus einem Lied von ihr. Wir waren befreundet, haben uns oft gesehen.

GA: Welche Erinnerungen haben Sie an Hildegard Knef?

Hoffmann: Man glaubt es kaum, aber als ältere Sängerin lebte Hilde am Rand der Existenz. Am Tag, als sie starb, habe ich geheult. Sie drückte für mich alles aus.

GA: Was genau?

Hoffmann: Hilde konnte schreiben, spielen und singen. Ihre Lieder haben mich als 17-Jährigen in die Clubs gezerrt. Ich war der einzige, der 1968 völlig unpolitische Lieder sang - auch Sachen von ihr. Erst danach fing ich so langsam mit eigenen Texten an.

GA: In einem anderen Lied zitieren Sie Bob Dylan, von dessen Protestsongs Sie einst beeinflusst wurden. Was bedeutet Ihnen Dylan heute?

Klaus Hoffmann live Bonn, Brückenforum, Freitag, 19. November, Eintritt 30 bis 45 Euro (plus Geb.). Karten in den Geschäftstellen des General-Anzeigers. Weitere Termine in der Region: Duisburg, Theater am Marientor, 1. Dezember. Düsseldorf, Tonhalle, 2. Dezember.Hoffmann: Sehr viel. Ich würde ihn gern mal treffen, aber man kommt schwer an ihn heran. Dylan ist ein Poet - und ein begnadeter Nicht-Sänger.

GA: Ihre Stimme klingt dagegen fast zeitlos. Empfinden Sie das auch so?

Hoffmann: Ich singe immer besser, sagt man. Wobei ich das nicht unbedingt gut finde.

GA: Warum nicht?

Hoffmann: Dylan beispielsweise wollte gar nicht schön klingen. Sie merken vielleicht, dass ich ein bisschen rumdruckse. Ich bin nämlich immer noch auf der Suche. Hinter mir liegen tiefe Jahre, mit diesem Album mache ich jetzt eine neue Tür auf.

GA: Was war passiert?

Hoffmann: Leben, Tod, Krankheit um mich herum. Wie das so ist, wenn man älter wird. Als Sänger lebt man zwar in einem Freiraum, man kann sich aber vor dem Leben nicht drücken. Man muss nur mal diesem sensiblen, verknoteten und tollen Udo Lindenberg eine Weile zuschauen. Dann sieht man, wo es hingehen kann - positiv oder negativ.

GA: Was halten Sie von Casting-Shows als Karriereeinstieg?

Hoffmann: Das ist halt unsere heutige Zeit. Als ich 17, 18 war, hörten alle die Doors. Die jungen Musiker gingen mit Fellwesten auf die Bühne. Ich aber trug einen Gehrock, war ganz traurig - und machte den ersten Preis. Jetzt fange ich wieder neu an, mit der 39. Platte.

GA: Inwiefern ist die Platte ein Neuanfang?

Hoffmann: Mit „Das süße Leben“ beende ich einen Lebensabschnitt, das Album ist ein Konglomerat aus allem, was ich bisher wichtig fand. Viele Leute haben gejammert, ich sollte noch mal an meine Wurzeln zurückgehen. Ich wusste nie, was sie damit meinten. Das neue Album hat Folk- und Chanson-Anteile, die Themen gehen einmal rund um den Globus: Glaube, Liebe, Hoffnung.

GA: Der Titelsong „Das süße Leben“ entführt den Hörer in ein kleines Kino in der Toskana. So heißt auch ein Film von Federico Fellini. Ein Zufall?

Hoffmann: Ein gewollter Zufall. Mit dem „süßen Leben“ meine ich diese verwöhnte Zeit, als ich anfing, als Sänger Erfolg zu haben und auch Filme machte. Für einen Jungen aus Charlottenburg war das ein Traum. Plötzlich war ich in Hamburg bei Boy Gobert am Thalia Theater. Und alle meinten, ich sollte mich darüber freuen, dass es für mich so abgeht, aber ich hatte immer eine gewisse Scham gegenüber dem Erfolg.

GA: Was machte Sie misstrauisch?

Hoffmann: Dieses süße Leben wird gebrochen, sobald die Realität mit reinkommt. Das hat mich bis heute am meisten interessiert.

GA: Im März werden Sie 60 Jahre alt. Leben Sie Ihrem Alter entsprechend?

Hoffmann: Ich gebe mir Mühe, zu leben wie ein älterer Herr. Aber es klappt nicht. Darüber habe ich einen Roman geschrieben, der im Februar erscheinen wird. Weder bin ich der Berufsjugendliche noch der gebeugte Mann mit Arthrose. Also was bin ich? Ich kenne viele ältere Männer, die sich einen jugendlichen Kern bewahrt haben. Das zu lernen, ist schwierig. Frauen gehen besser damit um, obwohl sie viel heftiger auf Äußerlichkeiten reduziert werden. Als Mann weiß ich bis heute nicht, wo der Schlüssel zur Weisheit liegt. Ein Fitnesstraining allein genügt jedenfalls nicht. Die Seele muss mitwachsen und frei werden.

GA: Wollen Sie politischer werden?

Hoffmann: Ich habe eine andere Form von Politik. Vor dieser Parteiensprache oder dem, was gerade angesagt ist, habe ich mich immer gedrückt. Auch mit den 68ern habe ich mich damals gestritten. Trotzdem weiß ich, wo Gut und Böse ist.

GA: Als Sie 2006 Charles Aznavours Konzert zu seinem 82. Geburtstag sahen, geschah etwas mit Ihnen. Was war das?

Hoffmann: Aznavour kannte mich noch von früher, also ging ich nach dem Konzert zu ihm in die Garderobe. Er hatte seine alten kitschigen Lieder mit großem Trara abgezogen und war glücklich dabei. In der Garderobe war zu spüren, dass Aznavour noch brennt. Er wirkte auf mich total jung. Man sollte dem Alter die Hand geben, dann tut es nicht so weh.

GA: Haben Sie das süße Leben immer voll ausgekostet - Sex, Drugs & Rock ’n’ Roll?

Hoffmann: Bedingt. Auf meinen Reisen nach Afghanistan bin ich absolut zu weit gegangen. Dabei hätte ich krepieren können. So was brauche ich heute nicht mehr. Aber ich suche schon Grenzerfahrungen.

GA: Welche?

Hoffmann: Bei Drogen bin ich gefährdet, weil ich sehr viel denke. Die Fantasie ist mein Motor. Also deshalb lieber nicht. Auch bin ich dazu viel zu ängstlich.

GA: 1968 reisten Sie erstmals nach Afghanistan. Was suchten Sie dort?

Hoffmann: Wir wollten eigentlich weiter nach Goa in Indien. Aber viele blieben in der Vorstation Afghanistan hängen. Auch wegen der Drogen. Zum Glück waren wir romantische Aussteiger und haben uns Pferde gekauft, mit denen wir bis hoch in den bitter armen Norden ritten. Diese Reise hat mich sehr geprägt. In Afghanistan erlebte ich Bilder, die mich an meine Kindheit im zerstörten Berlin erinnerten, an die existentielle Not. Zehn Jahre später habe ich die Reise wiederholt. Kürzlich wollte ich noch mal hin, aber das wurde mir ausgeredet.

GA: Klaus Hoffman und Berlin: Ist das immer noch die Geschichte einer Hassliebe?

Hoffmann: Nicht mehr. Wenn man nicht nur das Beste erlebt hat, muss dafür immer die eigene Stadt herhalten. Andererseits hat mir Berlin immer einen großen kreativen Pusch gegeben. Ich brauche nur manchmal Distanz, um mich ihr wieder nah zu fühlen.

Zur PersonGeboren am 26. März 1951 in Berlin, wo er heute noch lebt.

1968 beginnt Hoffmann seine Karriere als Liedermacher in Berliner Szenekneipen und unternimmt seine erste Reise nach Afghanistan. Anschließend absolviert er eine Schauspielausbildung am Max-Rheinhardt-Seminar.

1974 erscheint das Debütalbum „Klaus Hoffmann“. Parallel spielt er Theater an der Freien Volksbühne Berlin.

Für die Hauptrolle im Kinofilm „Die neuen Leiden des jungen W.“ erhält er 1976 die Goldene Kamera und 1977 den Bambi. Mit Ingmar Bergman dreht er „Das Schlangenei“.

Ab 1979 widmet er sich verstärkt der Musik. Das Album „Westend“ wird 1980 mit dem Deutschen Schallplattenpreis ausgezeichnet.

Ab 1983 tritt er regelmäßig in der DDR auf.

1997 nimmt er die Zusammenarbeit mit Thérèse Brel, Witwe des belgischen Chansonniers Jacques Brel, und dessen Arrangeur Francois Rauber auf. Resultat ist das Musical „Brel - Die letzte Vorstellung“. Es wird mit der Goldenen Europa als „Bühnenereignis des Jahres“ ausgezeichnet.

1999 veröffentlicht Hoffmann seinen ersten Roman, „Afghana“.

2001 heiratet er seine Lebensgefährtin Malene Steger. Trauzeugen sind Hella und Reinhard Mey.

2004 stellt er seinen zweiten Roman „Der Mann, der fliegen wollte“ auf einer Lesereise mit Musik vor.

2006 geht er mit dem Programm „Klaus Hoffmann singt Brel“ auf Tour. Am 9. Oktober 2009 tritt er in Paris im Maison Heinrich Heine anlässlich des 30. Todestages von

Brel auf.

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