Beethovenhalle in Bonn Klassische Philharmonie spielt Haydns 85. Sinfonie

BONN · Dass Marie Antoinette Haydns 85. Sinfonie besonders geliebt haben soll, spricht nicht unbedingt für das Werk. Doch während die unglückliche Königin von Frankreich unter der Guillotine endete, hat die Sinfonie "La Reine" nicht nur überlebt, sondern erfreut sich heute noch großer Beliebtheit.

Zu Recht, vor allem, wenn sie mit so viel Esprit gespielt wird wie von der Klassischen Philharmonie Bonn in der Beethovenhalle. Christopher Sprenger steht an diesem Abend am Pult und überlässt nichts dem Zufall.

Sein ausgesprochen körperliches Dirigat macht den Musikern vor, wie sie die königliche Sinfonie zu spielen haben: das tänzerische Vivace zu Beginn, die Variationen der französischen Volksweise im langsamen Satz und vor allem die effektvollen Sforzati im Menuett, zu deren Unterstützung auch schon mal ein Dirigentenabsatz auf die Bühnenbretter knallt.

Die Geigen und Bläser spielen "La Reine" im Stehen und haben vielleicht auch deshalb diesen hinreißenden Schwung, den brillanten Klang und eine bei aller Präzision locker federnde Phrasierung. Das Presto-Finale prickelt vor Übermut, hat aber eine Schwäche: Es ist zu kurz.

Mit größerem Ernst kommt Bachs C-Dur-Orchestersuite Nr. 1 zum Auftakt des Konzertabends daher, doch auch hier gelingt es Sprenger, in der besten Tradition historisch informierter Aufführungspraxis kleine, konzentrierte Charakterporträts der einzelnen Tänze zu zeichnen.

Auch die spannenden Kontraste von Solo- und Tutti-Abschnitten, von Stilkombinationen wie etwa der von französischer Ouvertüren-Strenge mit der Virtuosität italienischer Concerti werden plastisch dargestellt. Nach dem kunstvollen Kontrapunkt folgt mit der Sinfonia concertante B-Dur von Franz Danzi (1763-1826) die Charme-Offensive eines späten Vertreters der Mannheimer Schule.

Im Wirbel des Polonaisenfinales, flechten die virtuosen Solistinnen Magda Sarnicka (Flöte) und Gil Shaked-Agababa (Klarinette) gemeinsam mit dem hellwachen Orchester Triolen und Sechzehntel zu einem funkelnden Klangteppich.

Aufhorchen lässt auch die Klangfarbe des Larghetto: Hier gesellen sich nur Fagotte, Hörner, Celli und Kontrabass zu den Arabesken der Soloinstrumente - Geigen und Bratschen haben Pause. Hätte Mozart diese Musik noch erlebt, wäre die 1777 an ihn gerichtete Warnung seines Vaters vor dem "vermanirierten Mannheimer gout" wohl ins Leere gelaufen.

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