"Klassik um 11" mit Christian Zacharias und dem Beethoven Orchester

Das Beethoven Orchester und der Dirigent Christian Zacharias präsentieren beim Pfingstkonzert die Ouvertüre als eine Schachtel Light-Zigaretten. Das Ganze hörte sich sehr genussvoll an, hatte Schwung und Esprit, ließ aber jenen Schuss Verwegenheit und Schrägheit vermissen.

Bonn. Der Dirigent Carlos Kleiber fand einmal bei einer Probe zur "Fledermaus"-Ouvertüre von Johann Strauß eine Stelle "zu nikotinarm im Rauch"; er wünschte sie sich "giftiger". Wenn man bei diesem Vergleich bleiben will, dann präsentierten das Beethoven Orchester und der Dirigent Christian Zacharias beim Pfingstkonzert in der Beethovenhalle die Ouvertüre als eine Schachtel Light-Zigaretten.

Will sagen: Das Ganze hörte sich sehr genussvoll an, hatte Schwung und Esprit, ließ aber jenen Schuss Verwegenheit und Schrägheit vermissen, mit der der Operetten-Schlager erst zum Meisterwerk wird. Das Programm in der Reihe "Klassik um 11", die in dieser Saison Franz Schubert gewidmet ist, vertrat ein bisschen die Vom-Hölzchen-aufs-Stöckchen-Philosophie.

Weil man Schubert als Kammermusiker zeigen wollte, gab's das beliebte Forellenquintett zu hören, und weil er auch Valses nobles und Valses sentimentales fürs Piano geschrieben hat, war man schnell bei Maurice Ravel und dessen raffiniert instrumentierten "Valses nobles et sentimentales", die sich ausdrücklich auf Schubert beziehen.

Und wer beim Walzer ist, kommt dann an Johann Strauß nicht mehr vorbei, obwohl man vor die "Fledermaus" noch die rasch gespielte Annen-Polka gesetzt hatte. Die Programm-Strategie für einen vergnüglichen Vormittag ging auf jeden Fall auf; den Attraktivitäts-Tupfer setzte Christian Zacharias in der Doppelrolle als Dirigent und Pianist (im Forellenquintett).

Ravels Walzerfolge gelang ihm mit dem Orchester ganz vorzüglich. Mal schmachtend, mal kapriziös, mal intim und mal auftrumpfend: Der Tonfall der aparten Klang-Episoden wurde bestens getroffen. In der Beethovenhalle könnte das Forellenquintett wie ein kleiner Fisch in einem zu großen Gewässer wirken.

Aber erstaunlicherweise gab es für Zacharias und seine Mitstreiter - Mikhail Ovrutsky, Ulrich Hartmann, Grigory Alumyan und Ingo Klatt (allesamt von den ersten Streicher-Pulten des Beethoven Orchesters) - überhaupt keine Probleme mit dem Raum. Das Quintett klang sehr füllig, mitunter gar orchestral, ohne dabei an Intimität einzubüßen.

Zu hören war die perfekte Balance zwischen den einzelnen Instrumenten, ein hoch virtuoses Musizieren, das die dramatischen und melancholischen Untertöne im weitgehend heiteren Klangbild nicht unterschlug. Das Publikum applaudierte hier und nach dem Ende mit der "Fledermaus"-Ouvertüre ausdauernd, sah sich allerdings nicht mit einer Zugabe belohnt. Ein Strauß-Häppchen hätte es vor dem Mittagessen schon noch sein dürfen.

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