Inszenierung von "Hoffmanns Erzählungen" "Keine Zeit, Tee zu trinken"

Bonn · Für die nächste Premiere am Bonner Opernhaus hat sich die Sopranistin Netta Or viel vorgenommen. In Jacques Offenbachs Oper "Hoffmanns Erzählungen" wird sie nämlich gleich in vier Rollen debütieren: Sie singt und spielt Olympia, Antonia und Giulietta in den drei Hauptakten der Oper und die Stella in der Rahmenhandlung.

 Netta Or als Giulietta in Renaud Doucets Bonner Inszenierung von "Hoffmanns Erzählungen"

Netta Or als Giulietta in Renaud Doucets Bonner Inszenierung von "Hoffmanns Erzählungen"

Foto: THILO BEU

Das ist in der Aufführungsgeschichte der Oper zwar Tradition, aber stellt doch immer eine echte Herausforderung für die Interpretinnen dar, weil die einzelnen Sopranpartien ganz unterschiedlich angelegt und komponiert sind. Und in den Pausen ist "nicht einmal Zeit, um einen Tee zu trinken", sagt Netta Or.

Die Oper des Kölner Komponisten ist stilistisch ein Produkt des 19. Jahrhunderts, ein musikalisches Feld, das sich Netta Or erst nach und nach erarbeitet hat und noch erarbeitet. Die Zauberin Armida aus Händels "Rinaldo", die sie zuletzt in Bonn sang, zählt schon eher zum Kernrepertoire der Sängerin. "An der Musikhochschule bin ich immer mit der Händel-Partitur in der Hand herumgelaufen, während die anderen sich auf Verdi und Puccini konzentriert haben", erinnert sie sich. "Ich fand die alte Musik einfach toll, und ich finde sie immer noch toll ", sagt Netta Or. Sie mag den Klang der alten Instrumente und den Ausdruck: "Die Barockmusik gibt einem ein Gefühl der Leichtigkeit." Dennoch will sie nicht ausschließlich bei diesem Repertoire bleiben. "Ich möchte mir auch andere Stile erschließen", sagt die Sopranistin.

Netta Or hat eine rheinische Prägung erfahren. Aufgewachsen in Aachen, Besuch der Musikhochschule in Köln, erstes Engagement an der Düsseldorf-Duisburger Rheinoper, wo sie bis 2009 blieb. "Aber da konnte ich das barocke Repertoire wenig einsetzen", sagt die Sängerin, die in Düsseldorf vor allem Mozart-Partien sang. Aber das Festengagements ließ ihr genügend Freiraum für andere Verpflichtungen. Sie gastierte auf Festivals für Barockopern, wie in Schwetzingen, Karlsruhe, Göttingen, Ludwigsburg oder Innsbruck. Als sie in Günter Krämers Inszenierung von Mozarts früher Oper "Mitridate", die Marc Minkowski musikalisch leitete, die Rolle der Aspasia mit klarem, koloratursicheren Sopran und in einem prachtvollen roten Kleid gewandet sang, schaute die Opernwelt auf sie - und hat sie seither nicht mehr vergessen. Dirigenten wie Diego Fasolis, Reinhard Goebel, Thomas Hengelbrock, Jun Märkl oder Stefan Soltesz arbeiteten mit ihr.

Mittlerweile hat Netta Or sogar die Violetta aus Giuseppe Verdis "La Traviata" gesungen. "Als ich diese Oper zum ersten Mal in Düsseldorf mit Alexandra von der Weth als Violetta gehört habe, war ich so ergriffen, dass ich weinen musste", erzählt die Sopranistin. Mittlerweile rührt sie selbst mit dieser Partie empfindsamere Seelen zu Tränen. Ihre Ausflüge ins nichtbarocke Fach führen sie auch ins Land der Operette. Die "Fledermaus" von Johann Strauß ist ihr Favorit. "Die singe ich ja auch gerne", sagt Netta Or. Was auch die Reaktionen zeigen. Von ihrem Salzburger Auftritt war der Kritiker der Salzburger Volkszeitung ganz hingerissen: "Die Rosalinde ist mit Netta Or luxuriös besetzt, Koloratursicherheit und Schattierungsreichtum bleiben unerreicht."

0 Sonntag, 15. März, 18 Uhr, Oper Bonn: "Hoffmanns Erzählungen", Dirigent: Hendrik Vestmann, Regie: Renaud Doucet, mit Netta Or (Olympia u.a.), Sébastien Guèze (Hoffmann); Karten in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

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