Katjas Traum von Lust und Macht

"Katharina II. - mächtig aber auch groß?", dieser Frage sind 15 Künstlerinnen und ein Künstler nachgegangen - Ausstellung im Frauenmuseum Bonn

  Schöne Katharina:  digitale Malerei von Florian Schneider im Frauenmuseum

Schöne Katharina: digitale Malerei von Florian Schneider im Frauenmuseum

Foto: Fischer

Bonn. Für den Museumsgast steht ein Empfangssalon bereit. Er mag sich niederlassen auf herrschaftlichem Gestühl, dabei eine mit Stichen russischer Palais bepflasterte Bilderwand, Stammbäume des Zarenhauses studieren und sich nebenbei ergötzen an verschwenderischer Staatsrobe (Alexandra Kürtz).

Mittendrin ins Visier geraten majestätische Plakate, Digital-Prints aus einem Internetprojekt von Florian Schneider. Es sind die ersten Porträts einer Protagonistin, um die sich eine üppige Schau rankt, die vor Ideen strotzt, die Sinne anspricht und obendrein noch informativ ist.

"Katharina II. - mächtig aber auch groß?", dieser Frage sind im Rahmen der "Deutsch-Russischen Kulturbegegnungen 2003/2004" acht russische und sieben deutsche Künstlerinnen und ein Künstler nachgegangen.

Das Austauschprojekt, unter Regie der Kunsthistorikerin Beatrice Roschanzamir (Bonn) ist ein joint venture russischer und deutscher Kunsteinrichtungen. Die auf ergiebigen Recherchen basierenden Arbeiten (Malerei, Fotografie, Video, Installation) setzen ihre eigenen, frauenspezifischen Akzente.

Die von Sympathie, Einfühlung oder Respekt gekennzeichneten Reflexionen kristallisieren das Profil der effizienten Machthaberin heraus, deren Meriten vornehmlich in gesellschaftspolitischen und kulturellen Bereichen greifen.

"Ich liebe es, die Zuschauer zu provozieren und zu aktivieren", betont augenzwinkernd die in Hamburg lebende Russin Maksa. Einmal hineingeschlüpft in ihre transparente "Kuppel", nimmt man, eingebettet in güldene Dessous, Anteil an "Katjas Träumen".

Das begehbare Pendant dazu ist ein rauschender, in leidenschaftliches Rot getauchter Reifrock, den Monika Ortmann sinnbildlich kontrastiert mit einem gigantischen Drahtkäfig. Auf seine Kosten kommt der aktive Besucher ebenfalls in dem von Jelena Kiseleva arrangierten Lusthäuschen, wo er die nackten Rücken (Fotografie) von elf königlichen Gespielen mit kirschroten Lippen benetzen darf.

Sublimierte Erotik beherrscht ein Schlafgemach, das Martine Metzing-Peyre mit eindrucksvollen Paravents ausstattete, die den Briefwechsel zwischen Voltaire und der von 1762 bis zu ihrem Todesjahr 1796 amtierenden Kaiserin spiegeln.

In einem blau getönten Raum lässt Chris Werner eine goldene, zum Fragezeichen gekrümmte Figur zirkulieren. Die Frage nach dem wirklichen "Leben der Regentin" stellen eine Reihe komplexer Videobeiträge und Installationen ("Hinter der Schirmwand" von Ludmilla Belova oder "Madonna of medals" von Elena Kovilina). Unter die Haut geht vor allen Dingen eine Videoinstallation von Ulrike Rosenbach (Gabriele Münter Preis 2003).

Balalaikaklänge, authentisches russisches Glockengeläut begleiten den Auflösungsprozess einer Souvenirpuppe. Im Hintergrund eingeblendet werden Hochzeitsszenen aus Sternbergs Film "The Scarlett Express". Das Finale von "Alte Bilder - Neue Szenen" projiziert eine sich entblätternde Rose.

Unweit davon drehen sich einsame, verwehte Schneelandschaften ("Potemkinsche Dörfer", Fotografie von Ilse Wegmann). Schließlich begegnet man auch handfesten Annäherungen. So etwa einem Klassenzimmer, wo Lehrmeisterin Katharina "Nachwuchspotentatinnen" (mit zeitnahen Ähnlichkeiten) politische "Kernsätze" beibringt.

Etwa, "dass Frauen in Politik und Wirtschaft . . . mehr Einfluss haben sollten, auch in Russland", so Marianne Pitzen. Aufschlussreich und erheiternd sind gleichermaßen jene Ergebnisse einer Meinungsumfrage, die Alexandra Koneva (Fotografie, Text) in den Häusern der "Petersburgerinnen" führt: Katharina sei "herrisch, egoistisch und berechnend", so das Echo auf eine russische Ikone namens Katharina II.

Frauenmuseum Bonn, Im Krausfeld 10; bis 30. November. Di-Sa 14-18, So 11-18 Uhr

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