Kleines Theater Karin Pagmar gelingt eine bewegende Darstellung Zarah Leanders

Bonn · "Därrr Wind hat mirrr ein Lied ärrrzählt..." - und wieder vibriert die Bühne unter den donnernden "r"s der Zarah Leander. Ihre schwedische Landsmännin Karin Pagmar, die schon 2003 im Kleinen Theater in ihrer Paraderolle zu Gast war, lässt sie dort wieder auferstehen. Groß, rothaarig und mit der sündhaft tiefen Stimme, die sie zum Idol ganzer Generationen machte.

 "Nur nicht aus Liebe weinen": Die schwedische Schauspielerin Karin Pagmar als Zarah Leander.

"Nur nicht aus Liebe weinen": Die schwedische Schauspielerin Karin Pagmar als Zarah Leander.

Foto: Seuffert

"Meine Premieren waren Staatsakte", erklärt sie stolz, aber das Berlin ihrer Triumphe existiert nicht mehr. "Zarah 47" von Peter Lund zeigt den vereinsamten Star. Die deutsche Staatsangehörigkeit hatte Leander trotz Goebbels Aufforderung abgelehnt, das komfortable Landgut Lömö in Südschweden von dem in Deutschland verdienten Geld gekauft.

In ihrer Heimat wird sie als "Hitlers Nazi-Sirene" verachtet. Zu ihrem 40. Geburtstag 1947 gibt es statt der ersehnten Glückwunschbriefe nur Abrechnungen. Aber für eine wie Zarah (den biblischen Vornamen haut sie dem ?reinrassigen? Propagandachef lässig um die Ohren) geht die Welt davon nicht unter. Schließlich verpflichtet auch ein schlechter Ruf, und unter den Tisch gesoffen hat sie noch alle Männer, die sie wie Motten das Licht umschwärmten.

Was auch ihr braves Faktotum Lenek, arbeitsloser Professor aus Polen, zu spüren bekommt. Manfred Molitorisz spielt den Stichwortgeber oder das Echo der Dame und hat das Stück auch inszeniert. Wobei man die Regie jedoch getrost vergessen darf, wenn eine starke Frau trotzig sich selbst behauptet. Wer strahlend im Scheinwerferlicht eine Revuetreppe hinuntergeschritten ist, weiß genau, wie mühsam man hinten im Dunkel hinaufgeklettert ist. Karin Pagmar spielt die unbezähmbare Showgeschäft-Herrscherin, die die Herren allenfalls für ihre Umkleidepausen benötigt.

Außer glänzenden Roben braucht sie freilich noch den Mann am Piano, den Ulrich Eick-Kerssenbrock (im Kleinen Theater alternierend mit dem Schweden Samuel Skönberg) souverän verkörpert. "Yes, Sir!", hat die Leander oft gesagt, "No, Sir!" vielleicht zur Politik, von der sie angeblich gar nichts begriff, aber als nordisch kühler "Reichskristall" profitierte. Kaltgestellt zwischen Hochprozentigem, zorniger Rückschau und wütendem Verlangen nach künstlerischer Anerkennung und Applaus wird sie wieder hochkommen.

Einen hilfreichen Mann wird sie nach drei erfolgreichen Nachkriegsjahrzehnten wirklich dringend brauchen, wenn sie fast blind nach dem Mikro tastet und mit zitternder Stimme ihr "Wo sind die Clowns" singt. Sehr berührend gelingt nach zwei Revue-Stunden diese Szene vom endgültigen Bühnenabschied 1979 in Stockholm.

Das "Vilja"-Lied aus der "Lustigen Witwe" singt Pagmar in ihrer Muttersprache Schwedisch und ist sowieso am besten, wenn sie ohne technische Verstärkung nur mit ihrer grandiosen Stimme und Erscheinung den Raum erobert. Der Rest ist so "Wonderrrbarrr" wie die Geschichte einer Diva, die rigoros alle Tränen ("Nur nicht aus Liebe weinen") verweigert, aber ohne den Zuspruch des geliebten Publikums nicht existieren kann. Dieses hat in Bad Godesberg folglich am Beifall nicht gespart.

Nächste Vorstellungen am Montag zu Silvester um 17 und 21 Uhr (wenige Restkarten!) und vom 3. bis 23. Januar fast täglich um 20 Uhr. Platzreservierungen und weitere Informationen unter Tel. 0228-36 28 39 oder www.kleinestheater-badgodesberg.de.

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