Kabarettist Robert Griess geht in Oberer Burg der Frage nach: "Geht's noch?"

Herr Stapper, der kölsche Asi-Adel

  Intelligent und eloquent , boshaft und ein guter Beobachter des Alltags ist der Kabarettist Robert Griess, der zwei Stunden in der Oberen Burg sein Publikum überzeugte.

Intelligent und eloquent , boshaft und ein guter Beobachter des Alltags ist der Kabarettist Robert Griess, der zwei Stunden in der Oberen Burg sein Publikum überzeugte.

Foto: Frank Homann

Rheinbreitbach. "Milliarden, die nie da waren, sind plötzlich weg. Und deshalb haben wir die Krise. Das verstehe ich nicht, aber ich habe ja auch kein BWL studiert. Hat jemand von Ihnen BWL studiert?" Keiner meldete sich in der Oberen Burg. Dort ging Robert Griess zwei Stunden lang der Frage nach: "Geht's noch?"

Dabei kamen auch die Betriebswirtschaftler nicht so gut weg. "Die werden später Unternehmensberater; die kennen 97 Liebesarten, aber in der Praxis kein einziges Mädchen." Oder: "Wer glaubt, ein Unternehmensberater könnte Unternehmen beraten, glaubt auch, dass ein Zitronenfalter Zitronen falten kann."

An der Spezies "Politiker" ließ der Kabarettist ebenfalls kein gutes Haar: "Das sind Leute, die in der freien Wirtschaft nichts taugen. Krankenhäuser, Altenheime, Schulen, Kindergärten, alles hat man verrotten lassen. Aber 500 Milliarden für Banken, die gibt es. Das ist so, als würde man ein brennendes Flugzeug mit Kerosin löschen."

Griess nahm Wortschöpfungen auseinander: "Notleidende Kredite. Als würden Kredite leben. Oder Bad-Bank: Ist das ein Erholungskurort mit Spielbank?" Und überhaupt: "Wird es bald den VEB Deutsche Bank mit Kombinatsdirektor Ackermann geben?" Wer weiß. Jedenfalls wusste der Mann der schnellen, scharfen Zunge: "Die größte Wahrsagerdichte gibt es im Bankenviertel in Frankfurt. Die haben es nötig."

Einen Wahrsager brauchten die Rheinbreitbacher jedenfalls nicht, um nachzuhören, ob die Investition in eine Eintrittskarte für den Kabarettabend des Förderkreises Obere Burg sinnvoll sei. Wer damit auf einen vergnüglichen Abend mit einem Sturmangriff auf die Lachmuskeln gesetzt hatte, wurde nicht enttäuscht.

Der Künstler, der sich bescheiden als einen "einfachen Diener im Weinberg der Satire" bezeichnet, schoss ein kabarettistisches Feuerwerk ab. Intelligent und eloquent, boshaft und ein guter Beobachter des Alltags ist der 42-Jährige, der schon zahlreiche Kleinkunstpreise gewann und dessen Texte auch bei Kollegen wie Dieter Hallervorden oder Thomas Freitag begehrt sind. "Die Lage ist so ernst wie seit dem 30-jährigen Krieg nicht mehr.

Die Älteren werden sich erinnern", machte Griess dunkle Wolken am globalen Himmel aus, nicht nur wegen der Finanzkrise. Auf der Liste der Geburtenentwicklung sah er Deutschland auf Platz 190 von 191. "191. ist der Vatikan." Kein Wunder: "300 000 Euro kostet ein Kind, da sind Markenklamotten noch nicht dabei. Das ist ein Ferrari mit Sonderausstattung.

Viele Frauen entscheiden sich für den Ferrari, und den alten Mann darin." Wie rauskommen aus dem Dilemma? "Wir brauchen eine Spielplatzreform." Massage, Cocktailbar, Freibier in der Happyhour könnte mehr Väter anlocken. Seine eigenen Erlebnisse vom Spielplatz, die hatten es in sich. "Allein unter Müttern am Vormittag, das ist der Horror", verriet der Künstler. "Die Mütter haben mich im Blick. Das ist eine Art Sozial-Scanning."

Nur gut, dass er da nicht allein war. Auf der Bank saßen neben Griess auch noch Herr Schober, diese linke verkrachte und überkandidelte Existenz, und Herr Stapper, der kölsche Asi-Adel. Hier zeigte sich das komödiantische Vermögen des Kabarettisten, wenn er sie jeden Morgen über Gott, die Welt und die Globalisierung palavern ließ.

"Wenn ich Hass brauche, dann geh ich zum Tai Chi, um den Kursus mit Mittelstandsweibern in Rekordzeit zu sprengen", polterte Griess als Stapper los. Er mokierte sich über Wohlstands-Ökos, die im Bioladen einkaufen und das zu viel ausgegebene Geld durch Rotwein vom Discounter wettmachen. Hass hat er auch auf Waldorfmütter.

"Reiche Eltern dummer Kinder schicken sie eben auf die Waldorfschule. Eine drei im Kartoffeldruck ist immer drin." Zum Schluss: "Ein Prost auf die Revolte."

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