Weltklasse in Remagen Justus Frantz spielt Beethoven im Foyer der Rheinhalle

REMAGEN · Sein Flieger ist in Düsseldorf gelandet. Weil die Autobahn gesperrt ist, kommt Justus Frantz verspätet in Remagen an. Er entschuldigt sich, schiebt den Flügel auf der Bühne im Foyer der Rheinhalle zurecht, und mit den ersten Tönen zieht er das Publikum in seinen Bann.

 Spiegelbild im Flügel: Justus Frantz bei seinem Konzert im Foyer der Rheinhalle.

Spiegelbild im Flügel: Justus Frantz bei seinem Konzert im Foyer der Rheinhalle.

Foto: Martin Gausmann

"Ludwig van Beethoven, sein Weg zur Meisterschaft", ist der Abend überschrieben, volles Haus, zusätzliche Stühle mussten herein geschafft werden. Der weltberühmte Pianist und Dirigent, Chefdirigent der Israel Sinfonietta Be'er Sheva, ist unterwegs nach Tel Aviv.

In Israel soll im Frühling ein Brahmsfestival stattfinden, zugunsten der "Philharmonie der Nationen". Dieses Orchester hat Justus Frantz - mit inspiriert von zweien seiner Lehrmeister, Leonard Bernstein und Herbert von Karajan - 1995 gegründet. Es ist ein Symbol des Friedens und der Völkerverständigung, mehr als 100 Musiker aus 40 Nationen und fünf Kontinenten spielen zusammen, berichtet Frantz.

Er wechselt zu Beethoven. Als "tönend bewegte Architektur" beschreibt er die Musik des Meisters (1770 - 1827). Mittlere und spätere Kompositionen sind Thema des Abends. Belehrend, aber nicht lehrerhaft führt Frantz in die Stücke ein, beginnend mit der Klaviersonate Nr. 17 d-Moll, "Der Sturm" (1801 - 02). Justus Frantz erläutert die Sätze, spielt sie an, spricht vom Tröstlichen im dritten Satz, lässt das Werk insgesamt erklingen, Töne, denen man zunächst Stück für Stück nachhören kann. Dann entwickeln sich temperamentvolle Läufe, die Musik wird turbulent, kurz wieder fröhlich, dann gewaltig und voluminös, leise und laut: Gebannt folgen die Zuhörer dem Vortrag.

Als "Konzentrationsübung für Komponisten und technische Herausforderung für Pianisten" beschreibt Frantz die 32, eigentlich sind es 34, Variationen c-Moll, die Beethoven über die wenigen Takte einer Passacaglia geschrieben hat. Sie bestätigen erneut die Meisterschaft des Komponisten und seines Interpreten.

Es erklingt die Klaviersonate Nr. 26 Es-Dur, Les Adieux (1809 - 10). "Lebewohl", "Abwesenheit" und "Wiedersehen" sind die Sätze überschrieben. Anlass war die Flucht von Beethovens Gönner, Förderer und Schüler, Erzherzog Rudolf, am 4. Mai 1809 vor den napoleonischen Truppen. Eine optimistische Sonate. Dem folgt die Klaviersonate Nr. 21 C-Dur (1803 - 04), "Waldstein Sonate".

Damit ist Justus Frantz völlig vom angekündigten Programm abgewichen. Sein Publikum ist begeistert, bedankt sich für den außerordentlichen Abend mit lautem Applaus. Als Zugabe wählt der Meister Chopin. In Remagen hat sich Justus Frantz als Weltklasse-Musiker und Mann zum Anfassen präsentiert. In der Pause sitzt er am Kassentisch, wo CDs angeboten werden, redet mit den Zuhörern und sorgt dann mit ein paar energischen Takten am Flügel wieder für Ruhe im Saal.

Der Abend war Kompositionen aus einer Zeit gewidmet, in der Beethoven nur noch schwer hörte beziehungsweise taub war. Interpretiert von Justus Frantz offenbaren sie die Größe des Genies, das einst im benachbarten Bonn das Licht der Welt erblickt hat. Weltklasse im kleinen Remagen: fantastisch.

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