Telekom-Forum Junges Theater Bonn zeigt "Rico, Oskar und die Tieferschatten"

BONN · Rico hat nach eigenem Bekunden ein Orientierungsvermögen "wie eine besoffene Brieftaube im Schneesturm bei Windstärke 12". Mit vollem Namen heißt er Federico Doretti und stellt sich allen Leuten als "tiefbegabtes Kind" vor. In seinem Kopf herrscht nämlich manchmal ein großes Durcheinander.

 Ziemlich beste Freunde: Riko (Justus Emig, links) und Oskar (Josia Vantroyen).

Ziemlich beste Freunde: Riko (Justus Emig, links) und Oskar (Josia Vantroyen).

Foto: Junges Theater Bonn

Das ist aber nicht schlimm, weil er damit ganz gut klarkommt. Er erfindet auch schöne neue Wörter wie zum Beispiel "Tieferschatten". Denn in dem verlassenen Hinterhaus des Berliner Mietshauses, wo er mit seiner alleinerziehenden Mutter wohnt, huschen manchmal merkwürdige Schatten an den Fenstern vorbei.

Am Jungen Theater Bonn hat Andreas Lachnit "Rico, Oskar und die Tieferschatten" nach dem 2009 mit dem Deutschen Jugendliteratur-Preis ausgezeichneten Bestseller von Andreas Steinhövel sehr flott und witzig inszeniert. Geschickt sind die vielen kleinen Szenen der epischen Vorlage miteinander verzahnt. Dabei spielt das Bühnenbild von Laurentiu Tuturuga eine maßgebliche Rolle. Über die weißen, ständig in Bewegung gehaltenen Bauteile flimmern Video-Projektionen von Graffiti und abstrakten Stadtfragmenten.

Die Abende verbringt Rico oft bei Frau Darling. Andrea Brunetti spielt herrlich komisch die leicht schrullige Dame, die auch weiß, was ein Call-Girl ist. Ricos attraktive Mutter Tania kennt das älteste Gewerbe ohnehin sehr genau. Schließlich verdient sie ihr Geld in einem Nachtclub. Katharina Felschen im superkurzen Minirock (tolle Kostüme: Brigitte Winter) schafft es glänzend, die ehrlich liebevolle junge Mama zu geben. Sie ist es ja wirklich.

Als Phänomen erwies sich der 14-jährige Justus Emig (alternierend mit dem 13-jährigen Anton Beck) bei der Premiere im Telekom-Forum als Rico. Ein Profischauspieler könnte kaum besser all die komplexen Gehirnwindungen deutlich machen, die trotz Retardierungen genau ins Ziel treffen. Ab und zu kommen seine inneren Monologe vom Band, in die er dann live hineinspringt, nach richtigen Wörtern sucht und sorgfältig logische Schlüsse aus seinen Erlebnissen zieht.

Dass plötzlich der kleine Oskar auftaucht, ist nicht ganz zufällig. Der Junge ist "hochbegabt", aber auch sehr ängstlich. Der 13-jährige Josia Vantroyen (alternierend mit dem 11-jährigen Gustavo Maria Jochim) spielt diese arrogante Intelligenzbestie fabelhaft genau.

Später wird das Stück zu einem echt heißen Krimi, wenn es um einen Kidnapper geht, der in Berlin sein Unwesen treibt. Die nicht sonderlich sympathische Schlafmütze Herr Fitzke (Carlo Himmel), der saubere Schließdienst-Mann Marak (Bernard Niemeyer) und vor allem der neue Hausbewohner Simon Westbühl (Jan Hermann) bringen jedoch Ricos und Oskars Synapsen auf Hochtouren.

Info: Die nächsten Aufführungen sind alle im Jungen Theater: 12. (18.30 Uhr) und 13.April (15 und 18.30 Uhr), 1. Mai (15 Uhr), 3.Mai (18.30 Uhr). Für Zuschauer ab acht Jahren. Weitere Infos unter www.jt-bonn.de. Karten in den Bonnticketshops der GA-Zweigstellen.

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