Concerto Köln Jungbrunnen für alte Musik

KÖLN · Gemessen an den großen Traditionsorchestern sind Alte-Musik-Ensembles nicht wirklich alt. Es ist schließlich erst 62 Jahre her, dass Nikolaus Harnoncourt in Wien den Concentus Musicus gründete und mit ihm die Aufführung der Musik von Bach, Händel und Zeitgenossen mit authentischen Instrumenten und durch seine von allem romantischen Beiwerk befreiten Interpretationen revolutionierte. Im benachbarten Deutschland dauerte es ein wenig länger.

 Mitreißendes Spiel: Concerto Köln in der Philharmonie.

Mitreißendes Spiel: Concerto Köln in der Philharmonie.

Foto: Profitlich

1985, also genau vor dreißig Jahren, fanden sich Studenten der Musikhochschule zusammen, um "Concerto Köln" zu gründen. Treibende Kraft war der Geiger Werner Ehrhardt, der bis 2005 als Konzertmeister und künstlerischer Leiter des Ensembles auftrat. Man ging gemeinsam auf musikalische Entdeckungsreise, hob den Schatz der Sinfonien des Mozart-Zeitgenossen Joseph Martin Kraus oder entdeckte die Concerti von Evaristo dall'Abaco.

Kaum ein anderes Ensemble erweckte so viele in Archiven begrabene Musik zu neuem Leben, wie es Concerto Köln in den vergangenen drei Jahrzehnten gelang. Wenn sie sich der Meister des Barock, der Frühklassik oder des Rokoko annehmen, darf man alles andere als gepflegte Langeweile erwarten. Denn ihr Spiel auf den alten Instrumenten oder deren Nachbauten ist vital, rhythmisch geschärft, von großer dynamischer Kraft. Mittlerweile klingt das Ensemble weniger aggressiv, kontrollierter und klanglich detailreicher. Aber immer noch so frisch, dass selbst Hits wie die Brandenburgischen Konzerte von Bach wirken, als seien sie durch einen Jungbrunnen gegangen.

Viele der Musiker sind heute noch dabei, verrät Geschäftsführer Jochen Schäfsmeier, der selbst seit zehn Jahren an Bord ist, bei einem Gespräch im Köln-Ehrenfelder Büro. Es sei schon bemerkenswert, dass ein Ensemble, das ohne öffentliche Fördermittel auskomme, so lange existieren könne. Schäfsmeier ist sich darüber im Klaren, dass 30 Jahre nicht nur Grund zum Feiern sind, sondern auch ein Zeitpunkt für Entscheidungen. "Wir könnten jetzt nach so langer Zeit sagen, das war's, wir hören auf." Doch für die Musiker von Concerto Köln sei das keine Option.

Sie wollen weitermachen, Musik rund um den Globus aufführen, aber auch die Kölner Wurzeln pflegen. In "ihrem" Stadtteil haben sie sogar ein eigenes Education-Programm für Schüler aufgelegt. Concerto Köln soll es nach dem Willen seiner Musiker noch lange geben. Man setzt auf einen sehr behutsamen Generationswechsel. Noch jung im Ensemble ist etwa Mayumi Hirasaki, die eine der drei Konzertmeisterstellen besetzt.

Der künstlerische Leiter Martin Sandhoff ist hingegen Gründungsmitglied. Der Flötist steht weniger im Scheinwerferlicht als sein Vorgänger Ehrhardt, der häufig als Dirigent hervortrat. Sandhoffs Leitungsstil entspricht eher dem demokratischen Selbstverständnis des sich selbst verwaltenden Ensembles. Concerto Köln arbeitet lieber mit Gastdirigenten. Selbst Kent Nagano stand schon am Pult. "Aber wenn uns eine Dirigentenpersönlichkeit geprägt hat, dann war es René Jacobs", sagt Schäfsmeier. Unter der Leitung des belgischen Alte-Musik-Spezialisten haben sie unter anderem einige Mozart-Opern aufgenommen. Die Lobeshymnen der Kritik zeigten, dass Concerto Köln ein Stammplatz in der ersten Reihe sicher ist.

Das Konzert "30 Jahre Concerto Köln" am Sonntag, 20. Dezember, 20 Uhr, in der Kölner Philharmonie steht unter dem Titel "Farinelli in Madrid". Es singt der Countertenor Valer Sabadus. Karten in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

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