Zeitlose Zauberflöte Jürgen Roses Inszenierung der Mozart-Oper zum 100. Mal in Bonn

Bonn · Eines steht fest: Köln hat einen deutlich höheren Verschleiß an Zauberflöten-Inszenierungen als das benachbarte Bonn. In den vergangenen 20 Jahren gingen in der Domstadt vier komplette Neuproduktionen an den Start - davon zwei während der noch andauernden Umbauphase -, in Bonn hingegen steht seit dem 6. Oktober 1996 Jürgen Roses Inszenierung der "Zauberflöte" auf dem Programm und erfreut sich einer nicht nachlassenden Beliebtheit.

 Anjara I. Bartz kümmert sich als dritte Dame um den ohnmächtigen Prinzen Tamino (Tamás Tarjányi).

Anjara I. Bartz kümmert sich als dritte Dame um den ohnmächtigen Prinzen Tamino (Tamás Tarjányi).

Foto: Beu

Die Geschäftsführung des Hauses geht kein zu hohes Risiko ein, wenn sie bei einer Wiederaufnahme von Wolfgang Amadeus Mozarts bis heute beliebtester Oper eine Platzauslastung von über 90 Prozent kalkuliert.

Nach der heutigen Vorstellung werden im Backstage-Bereich mutmaßlich die Champagnerkorken knallen. Gefeiert wird die einhundertste Vorstellung der Produktion. Die Mezzosopranistin Anjara I. Bartz, seit 1993 im Ensemble der Bonner Oper, war von Anfang an dabei, zunächst als Zweite Dame, heute singt sie die Dritte Dame. "Für mich ist diese Inszenierung zeitlos, ein ganz großer Wurf", sagt sie.

Dabei ist der Regisseur Jürgen Rose von Hause aus Bühnenbildner, hatte viel mit dem Ballett-Genie John Neumeier zusammengearbeitet, für den Opernregisseur Otto Schenk unter anderem den Strauss'schen "Rosenkavalier" bebildert. Vor allem aber hat er die Schauspiel- und Operninszenierungen vom langjährigen Chef der Münchner Kammerspiele, Dieter Dorn, mit seinen Ideen ins rechte szenische Licht gerückt.

Die "Zauberflöte" war erst seine zweite Inszenierung, debütiert in diesem Theaterberuf hatte er als Endfünfziger zwei Jahre zuvor ebenfalls in Bonn mit Giuseppe Verdis "La Traviata". Beide Inszenierungen fielen in die Amtszeit des Bonner Opernintendanten Giancarlo del Monaco. Kein Wunder, dass die Bonner Inszenierung sehr stark vom Bühnenbild und von den Kostümen her geprägt ist. Anjara I. Bartz empfindet die Farbsymbolik bis heute als stark und überzeugend.

Das Rot ihrer Kostüme stehe für das Weibliche, das Mütterliche, sagt sie. Dem stehe das Gelb der Welt Sarastros gegenüber, Zeichen für Licht und Aufklärung. Insbesondere aber liebt sie den Schluss, den Rose als große Versöhnungsgeste inszeniert hat: "Die Machthaber geben ihre Insignien an die nächste Generation weiter, die beide Welten vereint.

Da sind dann alle dabei, auch die drei Damen", sagt Anjara I. Bartz. "Das ist ein Zeichen für die neue Zeit, in der alle an der neuen Machtstruktur teilhaben können und die getragen ist von Frieden und Liebe." Klingt kitschig, ist es auf der Bühne aber ganz und gar nicht. Auch das sei "eine große Leistung Roses", sagt die Sängerin. Wenn Anjara I. Bartz von Roses Detailversessenheit erzählt, gerät sie immer noch ins Schwärmen. "Unsere Kostüme sind aus einem Stoff, den er persönlich in Indien ausgewählt und abgeholt hatte", erzählt sie.

Die Bonner "Zauberflöte" bot im Laufe ihrer einhundert Aufführungen immer auch spannende Begegnungen mit Kolleginnen und Kollegen und mit unterschiedlichsten Dirigenten. Die Premiere hatte 1996 übrigens Gustav Kuhn dirigiert, für den es die erste Wiederbegegnung mit dem Beethoven Orchester war, nachdem er 1985 den Opernintendanten Jean-Claude Riber geohrfeigt hatte und in der Folge gehen musste. Unter den Gesangsolisten waren bei der Premiere René Pape (Sarastro), Ana Maria Martinez (Pamina) und Thomas Mohr (Papageno). Auch Annette Dasch sei in Bonn schon als Pamina zu hören gewesen, erinnert sich Anjara I. Bartz.

Ein paar Jahre nach der Premiere traf sie Jürgen Rose wieder, als sie gerade als Gast an der Bayerischen Staatsoper in München engagiert war. Er habe gehört, dass man Bonn ja jetzt alles anders mache, habe er gesagt. Er wolle da mal vorbeikommen. "Aber er kam dann doch nicht", sagt Bartz. So schlimm wird es dann wohl doch nicht gewesen sein.

Für die 100. Vorstellung der "Zauberflöte" am Sonntag um 19.30 Uhr, gibt es noch Karten im Vorverkauf, für die ausverkaufte 101. Vorstellung am morgigen Sonntag, 16 Uhr, nur noch Restkarten an der Abendkasse.

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