Hart, aber herzlich Jennifer Rostock live in Köln

Fünf Sekunden "blank ziehen": Die Band Jennifer Rostock zelebriert in der ausverkauften Kölner Live Music Hall Rituale.

 Jennifer Weist, Frontfrau der Band Jennifer Rostock, in Köln.

Jennifer Weist, Frontfrau der Band Jennifer Rostock, in Köln.

Foto: Thomas Brill

Auf diejenigen, die keine Fans sind, wirkt das Konzert befremdlich. Nicht weil Frontfrau Jennifer Weist alle Mädels im Publikum mit "Süße", "Schnecke" oder "Schatz" bezeichnet. Das kann man durchaus originell finden. Und die reichlich verteilten Küsschen und Backstage-Pässe als ein Zeichen von Freigiebigkeit deuten.

Viel eher irritiert, dass sich die Band immer mal wieder zwischendurch einen Kurzen zur Brust nimmt, was das Publikum animiert, es ihr nachzutun. Das geht nicht ohne Trinkspruch ab. "Zickezacke, zickezacke, hoihoihoi!" schallt es lautstark durch die Live Music Hall.

Jennifer Rostock - die Band, die angeblich so heißt, weil die Sängerin so im Handy eines Freundes gespeichert wurde - ist ein bisschen wie Silbermond, Juli oder Wir sind Helden für über 18-Jährige.

Das Konzert in Köln ist ausverkauft, der Laden proppenvoll. Die Musik von Jennifer Rostock liegt irgendwo zwischen Pop, Rock und Neuer Deutscher Welle, die Texte von Stücken wie "Du willst mir an die Wäsche", "Feuer" oder "Insekten im Eis" mischen einigermaßen virtuos Derbheit mit Poesie.

In fast zwei Stunden ist der Ton hart, aber herzlich. Es gibt Modetipps, Mitmach-Aktionen und einen Publikums-Contest bei "Kopf oder Zahl". (Über 18-jährige) Mädels, die beim Konzert ausgezählte fünf Sekunden "blank ziehen", werden mit einem Whisky Cola belohnt. Der Andrang ist gewaltig.

Seitdem Jennifer Rostock 2008 beim Bundesvision Song Contest Furore machte, kletterte die Band stetig die Erfolgsleiter hinauf. 2009 hagelte es Fernsehauftritte, die Single "Es tut wieder weh" wurde extra für den Vampirfilm "New Moon - Bis(s) zur Mittagsstunde" geschrieben.

2011 stieg das dritte Album "Mit Haut und Haar" auf Platz 4 der deutschen Charts ein, und spätestens seitdem sind die opulent tätowierte Rothaarige und ihre Mitstreiter Johannes "Joe" Walter (Keyboard), Alex Voigt (Gitarre), Christoph Deckert (Bass) und Christopher "Baku" Kohl (Schlagzeug) für viele Fans irgendwie Kult.

Direkt vor der Bühne tobt der Pogo, weiter hinten knutschen Pärchen, beste Freundinnen tippen im Akkord sms. Das passt perfekt zum Abend: zwischen Abtanznummer, Gänsehautballade und Diskussionsrunde ist alles drin.

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