Jeder Geigenton sorgt für Begeisterung

Nach Vorbild des Bochumer Projekts "Jedem Kind ein Instrument" wurde in Münsterschule Streichergruppe eingerichtet - Kinder üben nach Unterricht Ensemblespiel

Jeder Geigenton sorgt für Begeisterung
Foto: privat

Bonn. Das Stück passt zur Jahreszeit: Die von der Sommersonne aufgeheizte Luft des Musikzimmers der Bonner Münsterschule ist erfüllt von George Gershwins "Summertime". Auf ihrem Cello spielt Lisa Scheler die Melodie, während 23 Kinder sie auf Geigen, Bratschen und Celli begleiten.

Die Münsterschule ist keine Spezialschule für den musikalisch besonders talentierten Nachwuchs, sondern eine ganz normale Grundschule, die als Offene Ganztagsschule (OGS) ausgerichtet ist, und die Kinder, die hier den satten Streicherklang produzieren, sind ganz normale Zweitklässler.

Den Mädchen und Jungen bereitet das Musizieren auch so kurz vor den Ferien offensichtlich noch viel Spaß: Keiner redet oder feixt, die Kinder zupfen die Saiten, in der ersten Reihe beginnt eine der kleinen Geigerinnen im Takt des Pizzicatos zu tanzen.

Dass Musik die Konzentrationsfähigkeit fördert, ist mittlerweile eine anerkannte Tatsache. Hier aber kann man es in eigener Anschauung erleben.

Im Februar wurde das Streicherprojekt an der Münsterschule ins Leben gerufen. Seitdem treffen sich die Kinder im Anschluss an den Unterricht im Musikraum, wo die beiden an der Bonner Musikschule angestellten Pädagoginnen Lisa Scheler (Violoncello) und Elke Schröder (Violine und Viola) die kleinen Musiker gemeinsam unterrichten.

Vorbild für die "Streicherklasse" ist die in Bochum entwickelte, sehr wörtlich zu verstehende Initiative "Jedem Kind ein Instrument" (Jeki). In den Grundschulen nämlich soll dort tatsächlich jedes Kind die Möglichkeit haben, Geige, Flöte, Gitarre oder ein anderes Instrument zu erlernen und zu spielen (der GA berichtete).

Als Projekt der "Kulturhauptstadt Europas" können die Organisatoren mit einem Gesamtbudget von 50 Millionen Euro wirtschaften, das sich zum größten Teil aus Landes- und Bundesmitteln sowie aus Sponsorengeldern und Teilnehmerbeiträgen zusammensetzt.

In der Münsterschule ist das System (bis auf die öffentlichen Zuschüsse) vergleichbar. Initiator ist der Bonner Geigenbauer Stefan-Peter Greiner, der selbst einen Sohn in der zweiten Klasse hat.

Sein Vorschlag, die Jeki-Idee auf die Bonner Schule zu übertragen, stieß bei der Lehrerin Vera Blumenberg schnell auf Gegenliebe. Auch die Beueler Geigenbauerin Elisabeth Marx konnte für das Projekt gewonnen werden.

Sie übernahm die Organisation der Vermietung und Versicherung der Instrumente, Greiner selbst sponserte fünf Instrumente. Die Eltern kostet der Unterricht inklusive der Miete des Instruments 25 Euro pro Monat, wobei in sozialen Härtefällen mit Spendengeldern ausgeholfen wird.

Für die Pädagogen ist nicht die virtuose Beherrschung des Instruments das Ziel des auf zwei Schuljahre angelegten Unterrichts. Man will nicht die Musikschule ersetzen. "Sie lernen hier die Grundlagen", sagt Elke Schröder. "Im Vordergrund steht jedoch das Gruppenerlebnis."

Für Greiner ist das Beispiel Münsterschule erst der Anfang. Sein Ziel ist es, gemeinsam mit Gleichgesinnten und mit Hilfe der Bonner Musikschule, möglichst viele Grundschüler in Bonn zu erreichen, nicht nur in den Offenen Ganztagsschulen.

Im Ruhrgebiet werden bis zum Jahr 2010, wenn Essen und das Ruhrgebiet den Titel Kulturhauptstadt Europa tragen, 212 000 Grundschulkinder ein Instrument spielen. Für Bonn sind solche Rekordzahlen noch ein Traum.

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