Internationales Bonner Tanzsolofestival geht zu Ende

eiblicher Akt mit Maske - die französische Tänzerin Camille Mutel macht in ihrer Choreografie "Bursting into Oblivion" ihren nackten Körper zur Skulptur. Eine subtile Lichtführung leuchtet einzelne Konturen aus, lässt bei den langsamen, hoch konzentrierten Bewegungen Teile hervortreten und wieder verschwinden.

Internationales Bonner Tanzsolofestival geht zu Ende
Foto: Ballsaal

Bonn. Weiblicher Akt mit Maske - die französische Tänzerin Camille Mutel macht in ihrer Choreografie "Bursting into Oblivion" ihren nackten Körper zur Skulptur. Eine subtile Lichtführung leuchtet einzelne Konturen aus, lässt bei den langsamen, hoch konzentrierten Bewegungen Teile hervortreten und wieder verschwinden.

Man sieht ihren auf dem Boden ruhenden Hinterkopf, während sich ein Bein streckt oder der Rücken anhebt. Mutel, die japanischen Butoh-Tanz studierte und 2003 in Nancy ihre Compagnie Li(luo) gründete, untersucht das Innere des Körpers, indem sie den Blick strikt auf die Oberfläche lenkt.

Ausgangspunkt ihrer Reflexion über das unsichtbar Sichtbare ist der Blick des Orpheus, der Eurydike aus dem Reich des Vergessens zurückholt, aber im Moment des Anschauens ein leeres Bild erzeugt. Sie ist, was er sieht und begehrt und deshalb nicht erkennen kann.

Die Tänzerin setzt sich als pures Objekt dem Zuschauerblick aus, während ihre Subjektivität hinter einer starr lächelnden Gesichtsmaske verborgen bleibt. Die lebendige Erscheinung, deren Atem man hört und unter ihrer Haut pulsieren sieht, bleibt im Dialog von Licht und Körper reiner Schein. Mutels vierzigminütiges Solo verweigert alles Narrative und jeden vordergründigen Ausdruck von Gefühlen.

Erst ganz am Ende richtet sie sich auf, setzt die Maske ab und wird zur individuellen schönen Gestalt. Eine ästhetisch faszinierende, mit ungeheurer Körperspannung zum Raumklang der Musik von Gilles Gobeil präsentierte Studie über die sinnliche Wahrnehmung und das jedem Blick inhärente Vergessen.

Auf die letzte Vorstellung im Rahmen des Internationalen Bonner Tanzsolofestivals im Ballsaal folgte in der zum ersten Mal mit diesem Projekt kooperierenden Brotfabrik das Finale mit dem passenden Titel "We are oh so Lucky". Die Performance aus Bildern, Sprache und Tanz, konzipiert vom Krakauer Künstlerkollektiv Harakiri Farmers unter der Leitung von Ana Brzesinska, ist ein böse witziges Spiel mit den postmodernen Glücksvorstellungen.

Projekte, Arbeit, Fitness und was der Mensch für seine Ego-Performance sonst noch so braucht, verhandeln ein Mann und eine Frau auf Videos im Hintergrund. Sie reden im Jargon der Uneigentlichkeit manchmal schrecklich komisch über ihre Wünsche und Zukunftszweifel, während Lucky - verkörpert von der jungen Dominika Knapik - auf Kommando verzweifelt tanzt. Inspiriert ist die Figur von dem hilflos herum gezerrten Lucky aus Becketts " Godot".

Glücklich waren die Festival-Veranstalter Rainald Endrass, Rafaële Giovanola von CocoonDance und Karel Vanek von der Brotfabrik. Die von ihnen ausgewählten Solo-Choreografien weckten so viel Publikumsneugier, dass die Auslastung der Vorstellungen gegen 100 Prozent tendierte.

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