Interaktives Theaterstück über Demenz im Augustinum

Spielerische Annäherung an schwieriges Thema in Bad Neuenahr-Ahrweiler

Interaktives Theaterstück über Demenz im Augustinum
Foto: Gausmann

Bad Neuenahr-Ahrweiler. Ein spannender und durchaus vergnüglicher Theaterabend im Zeichen von Demenz? Das scheint schwer vorstellbar.

Und doch war das Publikum im ausverkauften Saal des Wohnstiftes Augustinum hin und weg von "Rosa ist reif", einem interaktiven Theaterstück der Züricher Schauspielgruppe "Knotenpunkt", aufgeführt im Rahmen der kreisweiten Tage der Demenz. Sohn Ernst (Soren Ehlers) und Schwiegertochter Monika (Judith Niethammer) finden Rosa, die arglos auf dem Sofa eingenickt ist, von Rauchschwaden umwabert.

Schon wieder hat sie die Herdplatten angelassen. So geht es nicht weiter, sie muss ins Heim, beschließen Ernst und seine Frau. Aber Rosa (Anna Maria Tschopp) sträubt sich und Tochter Brigitte (Agnes Krähenbühl), ein seltener Gast, ebenfalls.

Während sich die Geschwister gegenseitig Schuld zuweisen, bleibt Monika, die sich als einziges Familienmitglied um Rosa kümmert, berufstätig ist und dem Zusammenbruch nahe, außen vor.

Den Szenen in Rosas Zuhause folgen Situationen beim Arzt und im Heim, wo Schwester Pia den ewig wegtrippelnden stummen Herrn Ochsner und Rosa, deren Demenz inzwischen deutlich fortgeschritten ist, betreut. Schnell wird klar: Alle Beteiligten wollen das Beste, aber alle sind überfordert. "Was läuft falsch, was würde ich anders machen", fragt Moderatorin Franziska Zeller im zweiten wichtigsten Teil des Stücks.

Szenen werden erneut gespielt. Zuschauer schlüpfen in die Rollen der Schauspieler. Auf der Bühne erleben sie ihre eigenen Grenzen oder bewirken durch ihr Verhalten hier und da Positives. Die verschlossene Rosa blüht auf, als eine dieser Akteurinnen ihr Missgeschick mit Humor quittiert.

Die Ärztin begreift durch die neue ungewohnt aufmüpfige Schwester Pia erstmals, wie schwierig Rosa und Herr Ochsner zu betreuen sind. Und wenn Herr Ochsner nun mal nicht sitzen bleibt, reicht man ihm das Essen eben im Gehen. Veränderungen auf allen Ebenen tun Not.

Doch auch das Theater zeigt: Einfache, fertige Lösungen gibt es nicht. Wird einer aus der Familie dement, müssen sich alle bewegen, jeder für sich und gemeinsam, um die Herausforderung zu meistern. Daneben erleichtert frühzeitige Information über Demenz und Alzheimer den Umgang mit den Erkrankten.

Im Augustinum wurden spielerisch neue Blickwinkel eröffnet, Ideen gesammelt und gleich ausprobiert, also Riesenschritte zur Verhaltensänderung im wirklichen Leben getan. Was die ungemein überzeugend agierende Schauspielgruppe bot, war mitreißendes Theater gegen die Hilflosigkeit - provokant, amüsant und packend von der ersten bis zur letzten Minute.

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