Schauspiel Köln Intendant Stefan Bachmann will das Stadttheater blühen lassen

KÖLN · Wir haben viel gesät", sagt Stefan Bachmann, und ab 27. September will man die erste Ernte einfahren. Dann sollte der urbane Garten vor dem "Depot" im Carlswerk schon Früchte tragen. Und für das in zwei akustisch entkoppelten Hallen gebotene Theater wünscht sich der künftige Intendant ebenfalls "die verschiedensten bunten Gewächse".

 Stefan Bachmann zwischen Fotos der Ensemblemitglieder Peter Kern (r.), Niklas Kohrt und Melanie Kretschmann.

Stefan Bachmann zwischen Fotos der Ensemblemitglieder Peter Kern (r.), Niklas Kohrt und Melanie Kretschmann.

Foto: Günther Meisenberg

Chefgärtner Bachmann bildet dafür mit Rafael Sanchez (zur Zeit Intendant am Neumarkt Theater Zürich), Moritz Sostmann und Angela Richter das Kleeblatt der Hausregisseure. Alle vier lernt man ab Ende September innerhalb von 14 Tagen kennen. Richter (Berlin) ist Spezialistin für politisch-journalistische Recherche, verschaffte sich etwa Zugang zu Julian Assange.

In Köln beginnt sie mit einer "Geisterbeschwörung" des Malers Martin Kippenberger und blickt später in die Abgründe des Schönheitswahns. Sostmann arbeitet poetisch mit Puppen und Schauspielern - sowohl in Brechts "Der gute Mensch von Sezuan" wie in Kafkas "Amerika".

"Heiter, nicht tragisch" will man starten, verrät der neue Chefdramaturg und Vize-Intendant Jens Groß. Rafael Sanchez inszeniert zum Auftakt Michael Frayns "Der nackte Wahnsinn", später u.a. Mario Salazars Uraufführung "Die Welt mein Herz".

Bachmann selbst führt in fünf Produktionen Regie: Zunächst in "Der Streik" nach Ayn Rands Roman, dann bei Shakespeares "Der Kaufmann von Venedig" und der deutschen Erstaufführung der schwarzen Ehrenmord-Komödie (!) "Habe die Ehre". Als Übernahmen aus Zürich bzw. Wien kommen seine Inszenierungen "Genesis" und "Perikles" nach Köln.

Christina Paulshofer und Simon Solberg bespielen das klassische Fach ("Judith", "Kabale und Liebe"), dem allein sechs Uraufführungen gegenüberstehen. Davon bieten vier Stadttheater im engsten Sinn: Rainald Grebes Karnevalsstück "Die fünfte Jahreszeit", zudem die Erforschung der Carlswerk-Geschichte sowie ein Erfahrungspuzzle von 100 Kölnern über 60 Jahre, das Rafael Sanchez arrangiert.

Und pünktlich zum zehnten Jahrestag des Nagelbombenattentats entwickelt Nuran David Calis mit Anwohnern das Keupstraßenstück "Die Lücke". Dramatisches Lokalkolorit und das in Kölner Brückengrün gehaltene Spielzeitheft sollen allen den Weg über den Rhein erleichtern.

Karin Beiers Logo hat man nur zart modifiziert - und die Papierform des aufregenden, gut ausbalancierten Spielplans lässt auf Kontinuität des hohen Theaterniveaus hoffen. Geradezu sensationell mutet die Verpflichtung des "unheimlichsten" deutschen Installationskünstlers Gregor Schneider an, dem man ab Juni 2014 die Halle Kalk überlässt.

Und Peter Kern soll regelmäßig nach Vorstellungsschluss für provokante Furore sorgen. Dem Gespenst der Langeweile dürfte man ab September im Kölner Schauspiel wohl kaum begegnen. Eine neue Intendanz - das bedeutet auch immer viele neue Gesichter auf der Bühne, die alle fest nach Köln kommen.

Als bekanntester Neuzugang unter den 31 Ensemble-Mitgliedern ist wohl der ehemalige Fassbinder-Schauspieler Peter Kern zu verzeichnen. Sabine Orléans kennt man aus Filmen wie Helmut Dietls "Late Show". Marek Harloff war unter anderem in Romuald Karmakars "Der Totmacher" zu sehen.

Gerrit Jansen spielt im Frankfurt-"Tatort". Sie alle haben in den letzten Jahren aber auch an den wichtigen deutschsprachigen Bühnen gespielt. Wie auch Simon Kirsch und Bachmanns Ehefrau Melanie Kretschmann (Burgtheater), Guido Lambrecht (Schauspiel Leipzig). Annika Schilling, Stefko Hanushevsky kommen vom Staatsschauspiel Dresden, wo Julischka Eichel und Larissa Aimée Breidbach gastierten.

In Zürich standen Sean McDonagh, Yvon Jansen und Niklas Kohrt auf der Bühne des Schauspielhauses, Thomas Müller und Jakob Leo Stark spielten am Theater Neumarkt. Geblieben sind Martin Reinke, Birgit Walter, Robert Dölle und Nikolaus Benda. Am 27. September startet die Bachmann-Ära mit Rafael Sanchez' Inszenierung von Michael Frayns "Der nackte Wahnsinn" (Depot 1) Am nächsten Tag inszeniert Moritz Sostmann im Depot 2 "Der gute Mensch von Sezuan".

An gleicher Stelle zeigt Angela Richter am 11. Oktober "Kippenberger!", ihr Recherche-Stück über den wilden Künstler, der auch in Köln tiefe Spuren hinterließ. Stefan Bachmann stellt sich bescheiden als letzter der Hausregisseure vor: Die Bühnenfassung von Ayn Rands US-Roman "Der Streik" dreht sich am 12.10. um die Utopie vom befreiten Kapitalismus.

Mit "Genesis - Die Bibel, Teil 1" gibt Bachmann am 1. November seine zweite Visitenkarte im Depot 1 ab. Christina Paulhofer zeigt am 22.11. (Depot 2) Hebbels Drama "Judith". Moritz Sostmann inszeniert "Amerika" nach Kafkas Romanfragment (6.12., Depot 2). Ebenfalls im Dezember (genauer Termin folgt) wird Bachmanns Inszenierung der Shakespeare-Rarität "Perikles" gezeigt.

Auch der Premierentag von Werner Schwabs "Die Präsidentinnen" (Regie: Jan Bosse) steht noch nicht fest, während Schillers "Kabale und Liebe" am 10. Januar von Simon Solberg inszeniert wird.

Info: Homepage des Theaters: www.schauspielkoeln.de

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