In der Werkstatt wird der Untergang der DDR verarbeitet

Jan Stephan Schmieding inszeniert "Heaven (zu tristan)"

In der Werkstatt wird der Untergang der DDR verarbeitet
Foto: Thilo Beu

Bonn. "Ich verstehe nichts, ich find's großartig" sei seine erste Reaktion auf "Heaven (zu tristan)" von Fritz Kater gewesen, erzählt Jan Stephan Schmieding selbstironisch. Der junge Regisseur hat dem Theater Bonn das Stück als Beitrag zur Reihe "60 Jahre BRDDR" vorgeschlagen und ist natürlich inzwischen ein eloquenter Verfechter des "harten Brockens".

"Heaven (zu tristan)" stellt sieben Figuren aus drei Generationen auf die Bühne, die in Wolfen bei Bitterfeld leben und auf unterschiedliche Weise den Untergang der DDR verarbeiten. Schmieding spricht von dem Verlustgefühl, die eigene Heimat nicht mehr wiederzuerkennen.

Da sind die beiden Mittfünfziger Helga und Königsforst; sie eine ehemalige Laborantin im Filmwerk ORWO, die einfach weiterkämpft und alles weglächelt; er ein Psychiater, der sich in den Don Juanismus flüchtet. Ihre Ehekrise fechten sie, so Schmieding, mit den historischen "Parallelbiografien" einer jüdischen Wissenschaftlerin und ihres untreuen Geliebten aus.

So kompliziert sind die Stücke von Fritz Kater, hinter dem sich der Regisseur und Intendant Armin Petras verbirgt, letztlich nicht. Es ist eher der assoziative Sound aus mythischer Anspielung, harten Beschreibungen ostdeutscher Realität und den von Erinnerungen und Träumen gezeichneten Figuren, in den man sich einhören muss.

Wie Kater jedoch den großen Umbruch runterrechnet auf kleinste Geschichten, wie sein Personal an Erinnerung, Liebe und ihren Träumen festhält, darin liegt für den jungen Regisseur eine tiefe Humanität.

Einer der Figuren, die in "Heaven" den Ausbruch wagen ist der Architekturstudent Anders. Er flieht nach Amerika. Zurück bleibt die junge Simone, die Anders liebt, von Robert wiederum geliebt wird und sich umzubringen versucht. Den Figuren bleibt nur die "Sehnsucht nach erfüllter Liebe", sagt Jan Stephan Schmieding. Wenn Anders todkrank aus Amerika zurückkehrt, überwinden er und Simone ihre Sprachlosigkeit, indem sie auf Texte aus Richard Wagners Oper "Tristan und Isolde" zurückgreifen.

Ganz fremd ist Jan Stephan Schmieding die Verlusterfahrung seiner Figuren allerdings nicht. Der 34-Jährige ist in Oberhausen aufgewachsen und hat so die Ausläufer des Strukturwandels mitbekommen. In seiner Heimatstadt kam er auch mit Inszenierungen von Klaus Weise in Berührung.

Nach dem Studium der Anglistik, Politik und Geschichte in Bonn und Auftritten in englischsprachigen Shakespeare-Produktionen in der Brotfabrik ging er als Assistent ans Theater Mülheim, wechselte dann an die Schauspielhäuser in Bochum und schließlich in Zürich, wo ihn Klaus Weise wiederum "entdeckt" und ans Theater Bonn engagiert hat.

"Heaven (zu tristan)" von Fritz Kater, Premiere in der Werkstatt am 15. Dezember, weitere Vorstellungen am 22., und 29. Dezember, Karten im GA-Ticket Shop.

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