Kölner Philharmonie In der Hitze des Frühlings

Andrés Orozco-Estrada war einst Wunsch-Kandidat für die Stenz-Nachfolge beim Gürzenich-Orchester - bis er absagte. Nun aber wirkt der gebürtige Kolumbianer unter anderem in Houston, vor allem jedoch als Chefdirigent beim Sinfonieorchester des Hessischen Rundfunks.

 Gautier Capuçon bei der Probe in der Philharmonie.

Gautier Capuçon bei der Probe in der Philharmonie.

Foto: Thomas Brill

Sein Kölner Philharmonie-Programm vom Mittwoch war an den beiden Folgetagen auch in der Frankfurter Alten Oper zu hören.

Andrés Orozco-Estrada ist ein sanguinischer Fass-mich-an-Typ. Bei ihm spürt man die Lust am Musizieren, die Freude an der Klangformulierung regelrecht körperhaft. Beflügelnd wirkt seine schlangenhaft elegante, aber auch vehement zupackende Gestik, die befeuernde Mimik.

Es muss außerordentlich motivierend sein, unter seiner Stabführung zu spielen. Auch das Publikum ließ sich von der Ausstrahlung des Dirigenten spürbar fesseln.

Das hr-Sinfonieorchester bot Werke ausschließlich des 20. Jahrhunderts. Béla Bartóks "Kossuth" blickt freilich noch unverhohlen ins romantische Zeitalter zurück. Der knapp über zwanzigjährige Komponist zeigt in seinem sinfonischen Großgemälde, wie sehr er von den Tondichtungen eines Richard Strauss fasziniert war. Auch Landsmann Franz Liszt dürfte auf seine Musiksprache Einfluss genommen haben.

Lajos Kossuth war ein führender Kopf im Kampf Ungarns um politische Unabhängigkeit von Österreich. Bartók schildert das nach Art eines "Heldenlebens" unter ausgiebigem Zitieren der einstigen österreichischen Kaiserhymne.

Das Werk ist äußerst farbenreich instrumentiert und handhabt den großen Orchesterapparat souverän. Orozco-Estrada ließ die Musik schillern und bei Bedarf pathetisch auftrumpfen. Großer Hörgenuss. Das lässt sich auch von Gautier Capuçon sagen, der das erste, höllisch schwere Cellokonzert von Schostakowitsch mit ausladender, dabei überaus differenzierter Tongebung meisterte. Das hr-Sinfonieorchester bot eine stimulierende Begleitung ohne Fehl und Tadel.

Ein nochmals gesteigerter Eindruck kam von Strawinskys "Sacre du printemps", das noch immer auf begeisternde Weise verstört. Andrés Orozco-Estrada unterstrich das mit seiner vitalen, klanglich aufwühlenden und enorm exakten Interpretation. Ihre Siedehitze spiegelte sich im begeisterten Beifall des Publikums.

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