Gesellschaft für Kunst und Gestaltung Imaginierte Räumen von Edgar Guzmanruiz werden gezeigt
BONN · Eigentlich habe sie nur nach einer Möglichkeit gesucht, um die spannende und jüngste Arbeit von Edgar Guzmanruiz öffentlich zeigen zu können, sagt Susannah Cremer-Bermbach. Gut, wenn man als Chefin der Gesellschaft für Kunst und Gestaltung in der Lage ist, die Gelegenheit zur Präsentation eines Lieblingsstückes selbst zu schaffen.
In der so entstandenen sehenswerten Ausstellung ist aber nicht nur das Matrisoshka-Modell Germania von Guzmanruiz zu sehen. "ArchiSkulptur" zeigt Modelle und Objekte, die insgesamt neun Künstler von konkreten, geplanten und imaginierten Räumen geschaffen haben. Realisierbarkeit, wie sie in einem typischen architektonischen Entwurfsmodell Voraussetzung wäre, ist hier nicht das Thema.
Die Modelle präsentieren sich vielmehr als autonome Kunstwerke, die ausschließlich ihren eigenen Regeln folgen. Wie bei Carsten Gliese und Dörte Behn, die aus tatsächlich gebauten Räumen einzelne Formen herauslösen und neu arrangieren. Die Modelle, die Karl-Heinz Bogner aus Holz, Karton und MDF baut, erinnern in ihrer Mischung aus Konstruktion und Funktionslosigkeit an die Architektur aus Träumen.
Rita Rolfing und Annette Sauermann arbeiten beide mit Licht, das durch farbige Glasflächen scheint und dem umbauten Raum die Möglichkeit der Imagination entgegensetzt. Alice Musiol hingegen bevorzugt Materialien des alltäglichen Gebrauchs, die im Modellbau ansonsten unüblich sind. Nicht zuletzt deshalb kann ihr Stadtmodell aus Streichholzschachteln oder der "Garten" aus Salzstangen mit anziehender Fröhlichkeit einen Perspektivwechsel auf menschengemachte Räume anstoßen.
Auch Edgar Guzmanruiz bewirkt durch sein Modell, dass der Betrachter einen völlig neuen Blick auf eine bekannte Situation wirft. Der kolumbianische Architekt und Künstler kam 2009 mit einem DAAD-Stipendium nach Berlin und begann die historische Bebauung rund um den Hauptbahnhof und das Regierungsviertel zu recherchieren.
Ebendort hatten Hitler und sein Architekt Albert Speer einst den Bau der "Welthauptstadt Germania" geplant. Allein die "Halle des Volkes" mit einer Kuppel nach dem Vorbild des römischen Pantheons war für die Versammlung von 180 000 Menschen ausgelegt. Guzmanruiz vertiefte sich in die noch erhaltenen Pläne und Fotos von 1941 und setzte die geplanten Germania-Bauten maßstabsgerecht in Beziehung zur heutigen architektonischen Situation an derselben Stelle.
Zur Veranschaulichung baute er zwei Modelle, die er übereinander legte. Über dem Berlin der Gegenwart liegt die "Welthauptstadt Germania" aus transparenter Folie. Kanzleramt und Reichstag wirken nun wie Spielzeuge und die Gigantomanie des Projektes verschlägt einem den Atem. "Germania war auch immer ein Mythos, die Stadt hat es in dieser Form nie gegeben", sagt Guzmanruiz. "Ich wollte der Frage nachgehen, welche Präsenz dieser Mythos heute immer noch hat."
Info: Gesellschaft für Kunst und Gestaltung, Hochstadenring 22; bis 8. September, Mi-Fr 15-18, Sa 14-17, So 11-14 Uhr