"Ich gebe alles"

Bonn · Varvara Nepomnyashchaya findet wie alle bei der Beethoven Competition perfekte Bedingungen vor.

Sie wusste, dass sie gut war. Nach ihrer unglaublich leidenschaftlichen Interpretation von Robert Schumanns zweiter Klaviersonate lief die russische Pianistin Varvara Nepomnyashchaya raus ins Foyer der Telekom-Zentrale, ihr Gesicht strahlte und sie wurde, noch ganz erhitzt vom Spiel, von Klavierfans abgefangen, die ihr zu ihrer phänomenalen Leistung gratulierten. Dann ging's ganz schnell ins Hotel. "Ich habe erst einmal mit meinen Freunden in Moskau gechattet", erzählt die 28-jährige Russin.

Dem Eindruck des Publikums schloss sich auch die Jury an, die sie ins Halbfinale durchwinkte. Dabei ist der Namenspatron des Wettbewerbs, dessen Eroica-Variationen sie vor der Schumann-Sonate gespielt hatte, bislang nicht gerade ihr Spezialgebiet gewesen. "Ich habe Beethoven früher immer sehr schlecht gespielt, ich konnte ihn nicht fühlen, ich musste mich sehr anstrengen, überhaupt einen Zugang zu ihm zu finden, ihn zu verstehen", verrät Varvara Nepomnyashchaya.

Erst im Februar war der Name Beethovens zum ersten Mal in einem ihrer Programme aufgetaucht. Zu ihrer Überraschung war das Publikum begeistert. Und ihr Moskauer Klavierprofessor auch. Er schlug ihr gleich vor, sich in Bonn bei der Competition zu bewerben. Den Sommer hat sie dann mit Beethoven verbracht. Im Wettbewerb spielt sie nun nach der Maxime: "Ich gebe alles."

Die Beethoven Competition ist ein Wettbewerb ohne Verlierer. Bereits die Teilnahme daran empfinden viele junge Künstler als Auszeichnung, weil die Aufnahmekriterien, verglichen mit den Konkurrenzveranstaltungen, extrem hoch sind. So sieht es auch der Bonner Fabian Müller. Mit gerade 21 Jahren und dem ersten Jahr als Vollstudent an der Kölner Musikhochschule hinter sich, hatte er die Erwartungen nicht zu hoch gesteckt.

Die zweite Runde sei okay für ihn, sagt er. Nachdem er in der ersten Runde doch ziemlich nervös war, habe er die zweite Runde als deutlich deutlich angenehmer empfunden. "Ich war da ganz ruhig. Besser hätte ich gar nicht spielen können", resümiert Müller. Da die bisherigen Wettbewerbssieger immer um die 30 sind, weiß er, dass er noch ein paar Jahre Zeit hat, sein Spiel weiter zu vervollkommnen.

Von den anderen Pianisten hat Müller während der Wettbewerbstage nicht viel mitbekommen, weil alle damit beschäftigt sind, ihr Wettbewerbsrepertoire frisch zu halten. In der Telekom-Zentrale hört man, wenn man die Gänge entlanggeht, aus vielen Räumen Klaviermusik. Hinter einer der Türen sitzt in einem kleinen Zimmer an einem Steinway die Koreanerin Ju-Eun Lee. Es herrscht Arbeitsatmosphäre.

Die Jacke über einen Stuhl geworfen, auf dem Flügel stehen die Noten. Sie lobt vor allem die Organisation in Bonn. Üben, essen, sich wohlfühlen, da ist für alles gesorgt. "Ich habe schon an mehreren Wettbewerben teilgenommen, aber nirgendwo war es so gut", sagt die in München lebende Viertelfinalistin.

Der Kalifornier Alexander Bernstein, dessen zwei bemerkenswerte Auftritte fürs Semifinale nicht gereicht haben, studiert bei einem bei dem Beethoven-Spezialisten John O'Connor in Dublin, der ihn auf Bonn aufmerksam gemacht hat. Ein guter Tipp: "Die Wettbewerbs-Atmosphäre ist super und das Publikum einfach wunderbar. Nur die Jury gleich neben dem Podium: das ist schon ein bisschen sehr intim", sagt er und lacht dazu.

Für den Semifinalisten Jingge Yan aus China war es ein ganz besonderes Erlebnis, in der Geburtsstadt Beethovens die Diabelli-Variationen zu spielen, deren Manuskript im Beethoven-Haus aufbewahrt wird. Für seine Liebe zur Musik des Komponisten findet der 25-Jährige beinahe poetische Worte: "I love Beethoven's music, it is shining to me."

Halbfinale am Donnerstag 10-13 und 17-20 Uhr im Telekom-Forum.

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