Beethoven Orchester führt Mahlers Dritte auf Hymne an die Liebe

Eigentlich hätte die beim Absturz der Germanwings-Maschine im vergangenen März mit ihrem Mann und ihrem Baby ums Leben gekommene Altistin Maria Radner beim jüngsten Freitagskonzert des Beethoven Orchesters den Solopart in Gustav Mahlers dritter Sinfonie singen sollen.

Es war daher eine schöne Geste von Generalmusikdirektor Stefan Blunier, vor das Publikum in der fast ausverkauften Beethovenhalle zu treten und es zu bitten, für eine Schweigeminute aufzustehen. Die Aufführung der monumentalen, eindreiviertel Stunde dauernden Sinfonie hatten Blunier und das Orchester dem Andenken an die nur 33 Jahre alt gewordene Maria Radner und ihre Familie gewidmet: Ein Requiem für eine Sängerin, von der noch viel zu erwarten war.

Nach Mahlers eigenen Worten ist die Dritte "ein großes Werk, in welchem sich in der That die ganze Welt spiegelt". Die Natur, der Mensch und die Liebe. Ursprünglich hatte Mahler dies sogar in den Überschriften der auf zwei Abteilungen verteilten sechs Sätze festgehalten. "Was mir die Blumen auf der Wiese erzählen", steht etwa über dem Menuett-Satz, "Was mir der Mensch erzählt" über den von einem Soloalt zu singenden Versen aus Nietzsches Zarathustra.

Dass Mahlers Musik mehr will, als die Natur, wie wir sie sehen, in Klang zu verwandeln, wird freilich schon deutlich, wenn zu Beginn "Pan erwacht" und der vom riesigen Orchester getragene Bacchus-Zug sich in Gang setzt. Blunier tauchte tief ein in die komplexe Welt des über eine halbe Stunde dauernden Eröffnungssatzes, zeichnete die Konturen scharf nach, trieb die Musiker auch emotional zu Höchstleistungen an, forderte Solisten wie den Konzertmeister Mikhail Ovrutsky ebenso wie das Tutti etwa in dem auskomponierten Zusammenbruch, der zu einem existenziellen Moment wurde, bevor ganz am Ende der triumphierende Jubel über das Publikum hereinbrach.

Die fünf Sätze der zweiten Abteilung greifen diese Extreme allenfalls noch in den grotesk-wilden Rahmenteilen auf. Die tiefste Ruhe kehrt in dem melancholisch abgedunkelten Misterioso des vierten Satzes ein: "O Mensch! gib acht!" Tanja Ariane Baumgartner sang die Verse mit großem Atem und einer berührend dunklen Stimmfarbe, lud jedes Wort mit Bedeutung und Emotion. Die Naivität des Wunderhornliedes "Es sungen drei Engel", die der bestens vorbereitete Knabenchor der Dortmunder Chorakademie mit seinen "Bim Bam"-Gesang und der ebenfalls sehr gut aufgelegte Kammerchor der Kreuzkirche "Vox Bona" sowie die Solistin klangschön in Szene setzten, ist als seltsam befremdlich wirkender Kontrast komponiert. Im Schlusssatz aber nimmt das Orchester den Hörer mit auf eine nicht enden wollende Reise, lässt eine himmlisch lange Hymne an die Liebe ertönen, die schließlich in eine grandiose Apotheose mündet. Die Bonner Musiker spielten das mit größter Intensität und Innigkeit. Nachdem der letzte Ton verklungen war, jubelte ein beeindrucktes Publikum Blunier, dem Orchester, der Solistin und den Chören für eine großartige Leistung zu.

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