Dauerausstellung im Kunstmuseum Höchste Konzentration

Bonn · Der Maler Detlef Beer bespielt den „Bonner Raum“ in der Dauerausstellung des Kunstmuseums.

 Detlef Beer zeigt im „Bonner Raum“ des Kunstmuseums für gut ein Jahr Gemälde und Zeichnungen. Beer steht hier vor einem unbetitelten Bild von 2014.

Detlef Beer zeigt im „Bonner Raum“ des Kunstmuseums für gut ein Jahr Gemälde und Zeichnungen. Beer steht hier vor einem unbetitelten Bild von 2014.

Foto: Benjamin Westhoff

Mangelndes Selbstbewusstsein muss man dem Maler Detlef Beer nicht attestieren: „Wenn ich gute Kunst sehen will, gehe ich in mein Atelier.“ Das breite Lächeln im Gesicht legt nahe, dass das in dieser Absolutheit nicht ganz so ernst gemeint ist, aber, wer weiß? Beer hat sich seit seinem Studium bei Heinz-Günter Prager in Braunschweig in den frühen 90er Jahren und später beim Kunstgeschichtsstudium etwa in Bonn mit allen erdenklichen Kunstströmungen befasst, hat gelernt, sich gegen Minimalismus und Gestisches, gegen den Geist der Postmoderne abzugrenzen. Und er ist mit einer bewundernswerten Hartnäckigkeit und Konsequenz seinen Weg gegangen, der ihm unter anderem 2001 den Kunstpreis der Stadt Bonn eingebracht hat.

Nun ist Beer reif für die „Großen Geister“. So nennt sich Stephan Bergs aktuelle Sammlungsrochade, die Vierte seit seinem Start als Intendant im Kunstmuseum Bonn. Seit Juni 2014 bietet sie spannende Einsichten und Perspektiven – und einen „Bonner Raum“, in dem im Wechsel lokale Künstler ihren Auftritt bekommen.

Auf den Holzbildhauer Christoph M. Loos und die Fotokünstlerin Renate Brandt folgt nun also der 1963 in Wolfenbüttel geborene, seit den 90er Jahren in Bonn lebende Beer. Vorbei an Thomas Schüttes beiden monumentalen, glänzenden „Großen Geistern“: Dort trifft man auf Beers Raum, der sich gut in die Nachbarschaft mit Arbeiten von Astrid Klein, Rosemarie Trockel, Andras Slominski und Imi Knoebel einfügt.

Beer inszeniert ein Spannungsfeld zwischen einem recht bekannten gelben Gemälde von 1997, das fünf Jahre später vom Kunstmuseum erworben wurde, und einem blauen Gemälde von 2014. Beide Werke bieten den Rahmen für Zeichnungen aus zwei Jahrzehnten. Auf die ganz neuen Bilder aus signalroten, kombinierten Kreisformen, die er etwa in der Galerie Clement & Schneider (die ihn vertritt) und in der gerade beendeten Ausstellung im Siegburger Stadtmuseum zeigte, hat er hier verzichtet. Das wäre zu dominant gewesen, hätte nicht reingepasst, sagt er. Und beweist damit ein Gespür insbesondere für die Fragilität des Gelb-Bildes, jenes erstmals bei „Bon Direkt“ im Bonner Kunstverein gezeigte, mit warmem Gelb grundierte Werk mit der kompakten dunklen Form im Zentrum, die von einem gazeartigen Farbschleier umweht wird.

Eine Beobachtung, der Beer sofort widerspricht: Mit Illusionismus habe das überhaupt nichts zu tun, meint Beer, er habe Lasur um Lasur mit dem breiten Pinsel über die Leinwand gelegt, die Effekte seien weder plan- noch steuerbar. „Das ist ein malerischer Vorgang.“

Beer ist ein Tüftler, ein Zeichner und Maler, der gerne ausprobiert. Christoph Schreier, der stellvertretende Direktor des Hauses, der Beer in den „Bonner Raum“ eingeladen hat, bezeichnet dessen Haltung als „zeichnerische Grundlagenforschung“, lobt Beers akribische Systematik. Die beginnt mit Kugelschreiberetüden und engen Schraffuren, die durch das Lineal gestoppt werden, und endet vorerst bei einem mit Punkten übersäten Mittelformat. „Ich wollte mal sehen, was passiert“, erzählt er, und da setzte er 2015 rund „drei bis vier Millionen Punkte mit verschieden starken Stiften“ aufs Papier. Drei Monate lang.

Das oben stark verdichtete, unten wie ein zarter Nebel wirkende Bild leitet über zu einem Gemälde, das 2014 entstand. Ein gezacktes Rahmenfeld in starkem, tiefem Blau lässt die Binnenform wie ein Paravent wirken, dessen transparente „Wände“ aus kaum wahrnehmbaren hellgrauen Pinselspuren bestehen. Mit einfachen Mitteln wird hier eine räumliche Situation suggeriert. „Reduziert arbeiten, dafür höchste Konzentration“, sagt Beer dazu.

Kunstmuseum Bonn; bis September 2017 bespielt Detlef Beer den „Bonner Raum“. Künstlergespräch: 11. September 2016, 16 Uhr

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