Konzert in Köln Hingebungsvoll musiziert

Köln · Kent Nagano mit Arabella Steinbacher in der Kölner Philharmonie.

 Feinsinnige Solistin: Arabella Steinbacher.

Feinsinnige Solistin: Arabella Steinbacher.

Foto: Thomas Brill

Der Kalifornier Kent Nagano scheint mit der Zeit ein Faible für den Norden entwickelt zu haben. Er ist seit 2006 Chef des Orchestre symphonique Monréal, mit Beginn dieser Spielzeit Generalmusikdirektor der Hamburgischen Staatsoper und seit zwei Jahren Leitender Gastdirigent und künstlerischer Berater der Göteborger Symphoniker, was Nagano faktisch zum Chefdirigenten auch dieses Orchesters macht. Die aktuelle Tour mit den Schweden führte den Amerikaner am Dienstag auch zu den "Meisterkonzerten" in die Kölner Philharmonie. Hier konnte man erleben konnte, dass ein "Dirigenten-Sharing", wie es Naganos drei Orchester betreiben, nicht unbedingt zum Nachteil gereichen muss. Jedenfalls hinterließen die Göteborger einen großartigen Eindruck. Dass Jean Sibelius' national eingefärbtes Tonpoem "Finlandia" ihnen in den Genen liegt, überrascht freilich nicht: Der finnische Komponist hat mit diesem Orchester als Dirigent häufig eigene Werke aufgeführt. Die für die düstere Grundstimmung des Beginns verantwortlichen Blechbläserakkorde entwickelten eine immense Sogwirkung, deren Kraft unter Naganos Leitung selbst in den erhebenden hymnischen Passagen fortwirkte.

Mit Felix Mendelssohn Bartholdys Violinkonzert in e-Moll hatte sich der für seine oftmals unkonventionellen Programme bekannte Nagano für eines der populärsten Werke der Konzertliteratur entschieden. Dass es an diesem Abend aber ganz und gar nicht routinemäßig erklang, lag sowohl an dem hellwach begleitenden Dirigenten und seinem Orchester wie auch an der Solistin Arabella Steinbacher.

Man nahm das Tempo des Kopfsatzes nicht über Gebühr schnell, was der Geigerin erlaubte, die gesangliche Qualität des Hauptthemas wundervoll herauszuarbeiten. Arabella Steinbacher spielte ihren Part hingebungsvoll, inspiriert und - die Terzen, Oktaven und weiten Sprünge eingeschlossen - mit allergrößter Brillanz. Im lyrischen Andante mochte man sich an dem traumhaft schönen Zusammenspiel zwischen Arabella Steinbachers feinsinnig geführter Solostimme und dem Orchester gar nicht satthören. Nach dem brillanten Finale gönnte die Geigerin dem Publikum noch eine Zugabe aus Sergej Prokofjews erster Solosonate, deren packend herausgestrichenen Schroffheiten einen hübschen Kontrast zu Mendelssohns Lyrismen bildeten.

Ganz großes Kino bot die erste Sinfonie von Johannes Brahms. Nagano setzte in der langsamen Einleitung ganz auf die Wirkung das opulente Klangbild der von neun Kontrabässen grundierten großen Streicherbesetzung, die den Hörer förmlich ins folgende Allegro hineinzieht. Dass dies aber nicht zwangsläufig zu einer pastosen Klangmassierung führen muss, erlebte man hier in jedem Takt. Die Dramatik des Allegro geriet ungemein kontrastreich und packend. Auch der vielschichtige Schlusssatz mit seinem hymnischen Thema im Zentrum ließ keine Wünsche offen. Außerdem verfügt das Orchester über großartige Solisten, unter anderem an der Oboe und an der ersten Geige. Die Konzertmeisterin spielte ihr Solo im langsamen Satz zum Dahinschmelzen. Zwei nordische Zugaben folgten nach dem begeisterten Applaus: "Morgenstimmung" aus Edvard Griegs "Peer Gynt" und ein von rasanten Streicherfiguren getragener Tanz aus dem Ballett "Bergakungen" des schwedischen Komponisten Hugo Alfvén.

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