Kultur in Bad Honnef Heribert Knapp und Thomas Hanz führten durch "Abend mit Kurt Tucholsky"

BAD HONNEF · Es war eine Liebesheirat zwischen Musik und Literatur, und einen besseren Ort zur Hochzeitsfeier als die Rhöndorfer Weinwirtschaft "Zum Böllchen" hätte es kaum geben können. Bei romantischem Ambiente mit Kerzenschein und einem edlen Tropfen lauschte das voll besetzte Gasthaus ausgewählten Werken Kurt Tucholskys. Untermalt wurden diese teils lyrischen, teils prosaischen Leckerbissen von intimen Musikstücken auf Konzertgitarre.

 Ein gelungener Tucholsky-Abend (von links): Thomas Hanz und Heribert Knapp auf der Bühne im "Böllchen".

Ein gelungener Tucholsky-Abend (von links): Thomas Hanz und Heribert Knapp auf der Bühne im "Böllchen".

Foto: Melsbach

Kurt Tucholsky zählt zu den bedeutendsten Publizisten der Weimarer Republik. 1890 in Berlin geboren, wandte er sich nach seinen Erfahrungen im Ersten Weltkrieg dem Pazifismus und Antimilitarismus zu und ist noch heute für seine politisch motivierten, gesellschaftskritischen Werke bekannt.

Zu seinem Repertoire gehört jedoch keinesfalls bloß schwere Kost: Zahlreiche Gedichte des Satirikers sind schlichtweg zum Schmunzeln. Beim "Abend mit Kurt Tucholsky" im Böllchen wurde dem Publikum daher vor allem eines geboten: erstklassiger Humor mit gehörig Tiefgang.

Durch das Programm führten mit viel Charme die beiden Tucholsky-Liebhaber Heribert Knapp und Thomas Hanz. Seit vielen Jahren sind sie schon fasziniert von dem Schriftsteller: "Es ist einfach unglaublich, dass einige seiner Texte vor bald 100 Jahren veröffentlicht wurden, aber trotzdem noch immer ungeheuer aktuell sind", erklärt der pensionierte Gymnasiallehrer Knapp. "Sein unverhüllter Blick deckte bereits damals Dinge auf, mit denen wir uns heute noch genauso herumschlagen wie zu Weimarer Zeiten. Und das ist etwas Besonderes."

Die detailgenaue Betrachtung menschlicher Schwächen und Eigenheiten, verpackt in charmantem Witz und Eloquenz, konnte man sich Satz für Satz auf der Zunge zergehen lassen. Der Höhepunkt waren Auszüge aus Tucholskys eher humoristischen Werken, denen Knapp im stimmungsvollen Vortrag Leben einhauchte.

Bei manch einer Pointe konnten sich die Zuhörer ein lautes Lachen nicht verkneifen. "Der Mensch wird auf natürlichem Wege hergestellt, doch empfindet er dies als unnatürlich und spricht nicht gern davon", rezitierte Knapp mit einem Schmunzeln. Und: "Neben den Menschen gibt es noch Sachsen und Amerikaner, aber die haben wir noch nicht gehabt und bekommen Zoologie erst in der nächsten Klasse."

Zwischendurch sorgte Hanz für kleine musikalische Pausen. Die locker-verspielten Stücke stammten teils aus Tucholskys Zeit, wie etwa einer der ersten Tangos, teils untermalten sie die Stimmung der zum Vortrag gebrachten Texte.

Das "Phänomen Tucholsky" definiere sich vor allem über dessen Liebe zur Wahrheit, die erstaunliche Aktualität und die philosophische Tiefe, erklärten die beiden Künstler. Jeder könne an Tucholsky und seinen Pseudonymen wie Peter Panter und Theobald Tiger Freude haben.

Aber: "Es fehlen die jungen Besucher", stellte Knapp fest. "Poetry Slam ist 'in', Tucholsky nicht - dabei liegen diese beiden Dinge nicht weit von einander entfernt." Man müsse die "ältere" Literatur von ihrem hohen Sockel herunterheben - dann könne man damit auch die jungen Generationen begeistern.

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