Bonn Heino rockte Sonntagabend im Kunst!Palast

Bonn · Der wahre Heino ist bei diesem Konzert natürlich nicht vergessen, die Haselnuss noch immer schwarzbraun, der Enzian blau und die Barbara schwarz. Für den langen Zugabenteil tauscht er die Rockerjacke gegen das vertraute rote Sakko aus. Es steht ihm besser.

 Der zum Rocker transformierte Heino (linkes Bild) gestern Abend auf der Bühne im Kunst!Palast-Zelt.

Der zum Rocker transformierte Heino (linkes Bild) gestern Abend auf der Bühne im Kunst!Palast-Zelt.

Foto: Horst Müller/Ingo Firley

Heino: Früher, da war die Welt noch übersichtlich. Die Fans der Schlager- und der Rockmusik standen sich unversöhnlich gegenüber wie die westliche Welt und der Ostblock. Heute verlaufen die Grenzen hier wie dort nicht mehr so klar umrissen. In der Weltpolitik sorgte Michail Gorbatschows Perestroika dafür und in der Musiklandschaft - nun, ja - Heinos CD "Mit freundlichen Grüßen", das "verbotene Album", mit dessen Cover-Versionen bekannter deutscher Rocknummern er gestern Abend im Bonner Kunst!Palast-Zelt 700 Menschen erfreute.

Es waren sicher zu einem gewissen Teil welche darunter, denen er früher als Inbegriff reaktionärer deutscher Spießigkeit galt. Dass dieser Heino eines Tages zusammen mit der Band "Rammstein" auf der Bühne des Heavy-Metal-Festivals in Wacken stehen würde, wovon der Sänger in Bonn stolz berichtete, schien vor einem Jahr so unvorstellbar wie 1988 der Fall der Mauer.

Gestern also war der fast 75 Jahre alte Jungrocker nach Bonn gekommen und eröffnete den Abend im baritonalen Brustton der Überzeugung mit dem Lied "Junge" von den Ärzten. Aber wenn Heino die Zeilen singt "Warum gehst du nicht zu Onkel Werner in die Werkstatt?

Heino im Kunst!Palast
33 Bilder

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Der gibt dir 'ne Festanstellung (wenn du ihn darum bittest)", dann klingt das vollkommen ironiefrei. Die Perspektive dreht sich um 180 Grad. Während die Ärzte auf der Seite ihres jugendlichen Titelhelden stehen, gilt die ganze Sympathie Heinos eindeutig den Eltern und Onkel Werner. Trotz Rockermontur und Totenkopf-Ring bleibt der blonde Barde eben sich und seinen Werten treu.

Musikalisch lieferte er, auch dank der großartigen, mit Bläsern und Backgroundsängern opulent besetzten Begleitband, eine beachtliche Leistung. Aber mal Hand aufs Herz: In den allermeisten Fällen klingen die Originale einfach besser. Peter Fox? entspanntes "Haus am See" ebenso wie Grönemeyers rotziges "Was soll das".

Der ungewöhnliche sprachliche Duktus des Sportfreunde-Stiller-Liedes "Ein Kompliment" kommt in Heinos Darstellung ziemlich hölzern herüber. Stärker ist die Wirkung überraschenderweise in den extremeren Rockregionen wie Rammsteins "Sonne", wobei Heino das "r" fast noch schöner rollen kann als deren Frontmann Till Lindemann.

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