Premiere im Contra-Kreis-Theater Harte Zeiten für den herzensguten Toren

Bonn · Tom Gerhardt ist in Bonn in der wunderbaren Komödie „Dinner für Spinner“ zu sehen. Er spielt den vom Leben gebeutelten Herrn Bommes einfach hinreißend.

 Liebenswürdig schräge Typen im "Dinner für Spinner": (v.l.) Szene mit Steffen Laube, Stephan Schleberger, Tom Gerhardt und Stefan Preiss.

Liebenswürdig schräge Typen im "Dinner für Spinner": (v.l.) Szene mit Steffen Laube, Stephan Schleberger, Tom Gerhardt und Stefan Preiss.

Foto: Contra-Kreis-Theater

Das wird total lustig, heute Abend“, hat Bestseller-Verleger Peter Küsenberg angekündigt. Wird’s auch – allerdings nicht für ihn. Umso mehr fürs Publikum im Contra-Kreis-Theater, wo jetzt die Komödie „Dinner für Spinner“ in einer Inszenierung von René Heinersdorff ihre Bonner Premiere feierte. Der französische Autor Francis Veber hat das Spiel erfunden beziehungsweise gefunden in der arroganten Pariser Intelligenzija: Ein paar wohlsituierte Herren laden sich zu ihren feinen Diners regelmäßig einen nichtsahnenden Spinner ein, um sich heimlich über seine Blödheit zu amüsieren. Küsenbergs Gattin findet das ziemlich widerlich und kann auch kaum lachen, als er ihr den „Erlkönig“ eines lispelnden Schauspielers nachmacht, der auf der vergeblichen Suche nach einem Engagement kürzlich im erlauchten Kreis vorsprach. Sie sucht also mitleidlos das Weite, während ihr Mann von einem Hexenschuss geplagt wird und deshalb das Treffen ohnehin absagen muss. Obwohl er einen absoluten Trumpf an der Angel hat, mit dem er zum König der Tafelrunde avancieren könnte.

Matthias Bommes, kleiner Beamter im Bonner Finanzamt (Heinersdorff hat das 1993 uraufgeführte und bereits zweimal prominent verfilmte Stück hübsch aufs Rheinland heruntergebrochen) und in der internationalen Streichholzbauer-Szene zu beträchtlichem Ansehen gelangt, ist sein Super-Freak und soll noch kurz in der Küsenbergschen Luxuswohnung für seinen großen Auftritt gebrieft werden. Und Herr Bommes kommt gnadenlos pünktlich, was zu ungeahnten Katastrophen führt. Erzkomödiant Tom Gerhardt (u.a. bekannt als TV-Hausmeister Krause) spielt den vom Leben gebeutelten Underdog einfach hinreißend: Ein geistig recht robuster, aber herzensguter Tor, der mit echtem Bauchgefühl (inklusive grotesker Küchenschürze) und wahnsinnigem Mitgefühl (inklusive perfekt getimtem Telefon-Terror) geradezu tragisch in jedes Fettnäpfchen tappt. Ein sensibler Tollpatsch mit furchtlosem Hang zur Dichtung (nebst gruseligen Versen), der seinem nicht ganz so grundsoliden neuen Freund wirklich helfen will und deshalb trotz aller gut gemeinter Listen immer voll daneben trifft. Vor diesem liebenswürdig schrägen Typen ist kein Smartphone-Anrufbeantworter sicher. Nicht mal die mit Streichhölzern rekonstruierte Golden-Gate-Bridge oder ein aus ebensolchem Material gebauter Supermarkt in Tannenbusch.

Der charmante Stephan Schleberger spielt tapfer den Literatur-Vermarkter Küsenberg, der von allen Seiten den Schwarzen Peter zugespielt bekommt und mit Kreuzschmerzen zwischen Achenbach-Kunstkäufen, Schampuskisten und Flachlegung leidlich begabter Schriftstellerinnen erfolgreich der Steuerfahndung entging. Was den Ex-Lover seiner Gattin (Steffen Laube als smarter Schriftsteller Steffen Weisflog) nicht davon abhält, im Notfall hilfreich einzugreifen und den teuren Rotwein zu vernichten, bevor dieser (samt verstecktem Vermögen) Bommels verfressenem Sportsfreund und Kollegen Ludwig Busch ins Visier gerät.

Stefan Preiss als fleißiger Finanzamts-Agent verrät unter hungriger Vertilgung eines Omeletts immerhin eine brisante Adresse an der Bornheimer Straße. Dass weder die coole Blondine Christine Küsenberg noch die hippe Nymphomanin Marlene (beide glänzend verkörpert von Tina Seydel) dem bumsfidelen Marketing-Experten Pascal Emmelmann in die Fänge gerieten, können wir nicht eidesstattlich versichern. Wissen aber, dass Schadenfreude eins der ehrlichsten menschlichen Gefühle ist. Wenn Bommes zum Telefon greift, ist das zwar eine massive Bedrohung brav-bürgerlicher Friedenspfeifen, aber der naiv-fette Volldoof macht ihre Großmannssucht so lächerlich, dass man seinen Sieg genießt. Zumal das Spieltempo in gut zwei Stunden ein irrsinniges Pointen-Feuerwerk generiert und entsprechend munteren Beifall.

Vorstellungen fast täglich bis zum 6. März. Karten u.a. bei allen Vorverkaufsstellen des GA.

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