Grüne Punk-Locken über dem Messerschnitt

Da bleibt keine Pointe ungeschärft: "Messe-Diener" im Bonner Contra-Kreis-Theater

Bonn. Wenn schon Beerdigung, dann bitte mit einem Sarg in Pink! Und mit bügelfreiem Leichenhemd! Um die ultimative One-Way-Verpackung geht's bei der Messe, zu der die Kollegen Stefan Heymann und Michael Simon angereist sind.

Und weil der Markt anscheinend boomt, sind die Hotelzimmer so knapp, dass die beiden Herren sich eins teilen müssen. Was die Spesenkasse ihrer Unternehmenschefin entlasten könnte - wenn der Messe-Dienst die beiden nicht so fidel infantil machte wie Messdiener auf dem Jahresausflug.

Das erfahrene Autorenduo Frank Pinkus und Nick Walsh lässt jedenfalls keinen Kalauer ungenutzt und keine Pointe ungeschärft in seiner Slapstick-Komödie "Messe-Diener", die im Ruhrgebiet längst Kult ist und nun für einige Wochen im Bonner Contra-Kreis-Theater Station macht. Das schön-scheußliche Hotelzimmer mit röhrendem Hirsch über dem Doppelbett und grünem Telefon aus der Kommunikations-Steinzeit an der Wand hat Timm Zorn entworfen.

Herr Heymann alias Comedy-Star Jochen Schroeder (außerdem Leiter der "Comödien"-Theater in Bochum, Duisburg und Wuppertal und vielen Zuschauern noch vertraut als Pfleger Mischa in der Schwarzwaldklinik) räumt erst mal tapfer auf in diesem Reich des Anti-Designs. Herr Heymann trägt nicht nur eine dicke Hornbrille und zum Schlafen einen neckischen Strampelanzug mit Bärchenmuster (die schrillen Kostüme stammen von Kara Schutte), sondern hat's auch faustdick hinter den Ohren.

Herr Heymann hat drei Töchter, deren Namen der Übersichtlichkeit halber mit A, B und C beginnen, auch wenn ihm deren Erzeugung nicht ganz klar ist. Herr Heymann hat einen niedlichen kleinen Wohlstandsbauch und ist als Jochen Schroeder ein hinreißend verrücktes Knuddeltier aus der Comedy-Spielzeugkiste.

Zum hellen Wahnsinn treibt er seinen Zimmergenossen Michael Simon alias Rolf Berg, der ein Superkumpel ist, aber den Messe-Dienst eher als Nebensache begreift, zumal er in jeder Messestadt ein paar weibliche Telefonnummern notiert hat.

Herr Simon trägt unterm Leichenbitter-Zylinder grüne Punk-Locken über dem sanft ergrauten Messerschnitt, besitzt einen sonnengebräunten Waschbrettbauch, den er nach dem Dienst gern unter bunten Tanktops herzeigt, hat Whisky und einen Ghettobluster ("Komm, lass die Sau raus") im Gepäck und sein Cabrio dummerweise im Parkverbot abgestellt. Was eigentlich keine größere Katastrophe ist als die Verwechslung der Prospekte für Wickelkommoden mit denen für die Särge und die dampfwalzenmäßig doppelt und dreifach wiederholten Gags.

Für Hilfe sorgt Pannenengel Ulf Hamacher (als süßer Schwuli: Oliver Dupont), der die beiden Jungs nicht nur mit Fußmassagen aufmischt. Und der zudem noch die unendlich langen Beine von Messehostess Martina Bartels (mit rassig coolem Charme: Patricia Frey, die den ganzen Spaß zusammen mit Markus Lorenz auch inszeniert hat) ins Spiel bringt. Der Tango, bei dem Martina Michael um Haupteslänge überragt, gehört zu den raffiniertesten Effekten des irrsinnigen Durcheinanders.

Was das aufgeweckte Messe-Quartett im Doppelbett getrieben hat, bleibt der Phantasie der Beteiligten ebenso überlassen wie denen, die dieses Spätsommervergnügen bei der Premiere im Bonner Contra-Kreis mit Jauchzern und Standing Ovations zum Totlachen fanden.

Bis zum 1. Oktober auf dem Spielplan des Contra-Kreis-Theaters. Karten bekommen Sie im GA-TicketShop.

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