Freitagskonzert des Beethoven Orchesters Geschmeidige Lässigkeit

In seiner Doktorarbeit beschäftigte sich Alexander Borodin mit den chemischen und toxikologischen Eigenschaften der Phosphor- und Arsensäuren. Aber der russische Chemiker, der zu den bedeutendsten seiner Zeit gehörte, pflegte auch eine lebenslange Leidenschaft für die Komposition.

 Dirigent Vassily Sinaisky und Pianist Denis Kozhukhin in der Beethovenhalle.

Dirigent Vassily Sinaisky und Pianist Denis Kozhukhin in der Beethovenhalle.

Foto: Felix von Hagen

Mit seiner Oper "Fürst Igor" schuf er gar ein Bühnenwerk von nationalem Rang. Dass der 1887 nur 53-jährig verstorbene Komponist 18 Jahre seines Lebens daran arbeitete und sie doch nicht selbst vollenden konnte, ist freilich schon eine ziemlich tragische Geschichte. Beim ausverkauften Freitagskonzert des Beethoven Orchesters war nun die Ouvertüre zur Oper zu hören, die bereits alle wichtigen Themen des Dramas aufgreift. Das Orchester spielte unter der Leitung des Russen Vassily Sinaisky, der ganz besonders auf die russischen Farben der Partitur achtete, mit ihren seelenvollen Streicherflächen und schönen Holzbläserepisoden.

Auch der Solist des Abends, der Pianist Denis Kozhukhin, kommt aus Russland, man nahm sich allerdings trotzdem keines der großen russischen Klavierkonzerte vor, sondern Ludwig van Beethovens Nr. 5 in Es-Dur. Der 29-Jährige spielte das Werk mit vorwärts drängender Leidenschaft und funkelnder Virtuosität. Der präludierende Beginn stand als eine bemerkenswert gut ausbalancierte Klangfläche im Raum. Er war sich mit Sinaisky darin einig, den ersten Satz mit recht hohem Tempo zu nehmen, wobei Kozhukhin gleichwohl die Feinheiten der Klavierstimme nicht außer Acht ließ. Zum Beispiel im lyrischen zweiten Thema, dessen unschuldigen Charakter er trotz der zuvor herrschenden feierlich-weihevollen Atmosphäre auf sehr organische Weise einband. Auch der Übergang vom langsamen Satz zum Finale spielte er mit feiner klanglicher Delikatesse. Natürlich ist Kozhukhin auch einer, der seine technische Meisterschaft gern zur Schau stellt. Im Schlussrondo machte er das mit geschmeidiger Lässigkeit. Das Publikum war völlig begeistert; und der Pianist bedankte sich für den Applaus mit einem Prélude in h-Moll von Alexander Siloti, das auf einem Präludium in e-Moll von Johann Sebastian Bach basiert. Er spielte es wunderbar schlicht und zugleich hemmungslos romantisch.

Das Motto "Winterträume", womit der Abend überschrieben war, erfüllte sich am Ende, als Peter Tschaikowskys sinfonischer Erstling nämlichen Titels auf dem Programm stand. Die Sinfonie, die zwar im Schatten der Nummern 4 bis 6 steht, enthält schon eine Menge ganz typischer Wendungen und Klangwirkungen ihrer jüngeren Geschwister, für die etwa die tiefen Holzbläser verantwortlich sind, die an diesem Abend überaus glutvoll spielten. Sinaisky jedenfalls hatte - wie schon bei Borodin - keine Mühe, mit dem Orchester die russischen Farben sehr authentisch zu malen. Da hätte man auch gleich mal wieder Lust, die späten Sinfonien Tschaikowskys mit diesem Orchester zu hören.

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