Haydns Oratorium "Die Schöpfung" Geschmeidige Dynamik auf der Bühne der Bonner Oper

Bonn · Dass man selbst Messen, Oratorien oder Passionen choreografieren kann, hat John Neumeier mit seiner Truppe in Hamburg immer wieder beeindruckend vor Augen geführt.

 Perfekt eingespielte Compagnie: Ballett zur "Schöpfung" beim Gastspiel des Tschechischen Staatstheaters .

Perfekt eingespielte Compagnie: Ballett zur "Schöpfung" beim Gastspiel des Tschechischen Staatstheaters .

Foto: JANA HALLOVÁ

Auch der 1958 geborene, mit jungen Jahren schon unter John Cranko und Marcia Haydée am Stuttgarter Staatstheater ausgebildete Uwe Scholz hat sich neben seinen sinfonischen Sujets immer wieder auch von Werken mit liturgischem Kontext inspirieren lassen.

1985 hat er als grandiosen Einstand zu seiner neuen Position als Ballettdirektor am Züricher Opernhaus Joseph Haydns Oratorium "Die Schöpfung" erarbeitet, eine Vorlage, die sich zwar an der biblischen Schöpfungsgeschichte orientiert, unter Auslassung des Sündenfalls aber recht einseitig auf das Wunderbare und die Schönheit abhebt und schließlich in Form naiver, unterwürfiger Gattenliebe triumphiert: als Nummernstück glänzender Stoff für eine heitere Bebilderung durch Körpersprache.

So einfach aber hat es sich Uwe Scholz nicht gemacht. Er sucht zu abstrahieren, indem er die Ästhetik menschlicher Körper im geometrisch vermessenen Raum organisiert, wobei sich die Choreografie überwiegend einer klassischen Nomenklatur bedient. In Leipzig, wo Scholz von 1991 bis zu seinem Tod 2004 als Ballett-Chef wirkte, sorgte seine "Schöpfung" ebenfalls für Furore.

Jetzt war die Arbeit in einer 2011 erstmals gezeigten, exzellenten Produktion (Einstudierung: Giovanni Di Palma und Monserrat León) des Tschechischen Nationaltheaters Brno (Brünn) im Rahmen der Bonner Reihe "Highlights des internationalen Tanzes" zu sehen.

Ein Ballett-Abend, der in seiner Opulenz an große Zeiten erinnerte: Links und rechts des Grabens, in dem neben den drei Gesangssolisten (Jaroslav Bezina Andrea ?iroká, Martin Gurbal) das Orchester der Janácek Oper Brno unter Peter Feranec einen beweglich schlanken Haydn-Ton favorisierte, die Chor-Podeste.

Das Bühnenbild aus Projektionen verfremdeter Körperausschnitte bleibt angenehm spartanisch und lenkt so die Aufmerksamkeit gänzlich auf die Ausdruckskraft des üppig besetzten, glänzend eingespielten Corps de ballet und seiner zahlreichen Solisten.

Die Truppe agiert mal aus dem Zentrum eines Kreises heraus pulsierend, mal, in Reihen gestellt und nicht ohne Humor, im Domino-Effekt oder beschreibt in "Bändern" laufend Diagonalen, teilt sich und findet wieder zusammen in geschmeidiger Dynamik. Die Solisten bieten in hoher Präsenz artistische Anmut. Das Publikum reagierte mit finalem Jubelsturm.

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