Geschichten mit Schere und Papier erzählt

Die Godesbergerin Bärbel Grebert hat den in jungen Jahren geübten Scherenschnitt wiederentdeckt - Die Kunst ist im 18. Jahrhundert von China nach Europa gelangt

Bad Godesberg. (ga) Mit der kleinen Schere und dem schwarzen Papierbogen zaubert sie Figuren, Tiere, Blumen, Landschaften, entfaltet ein Spinnennetz und erzählt ganze Geschichten: Bärbel Grebert, Scherenschneiderin in Bad Godesberg. Sie hat diese Kunst als junges Mädchen geübt und vor zehn Jahren zur eigenen Freude und zur Verwunderung ihrer vielen Freunde wiederentdeckt.

Seither hat sie schon mehrere Ausstellungen gezeigt und neuerdings auch Bücher illustriert.

Sie schuf auch die Monatsbilder für die Brauchtumsbücher von Irmgard Wolf und Manfred Engelhard: "Rheinisches Winter- und Weihnachtsbuch" und "Von Karneval bis Erntedank".

Bärbel Grebert handhabt die kleine Schere mit souveräner Geschicklichkeit. Die Chinesen, die den Scherenschnitt erfunden haben, nahmen eine sehr große Schere, erzählt Bärbel Grebert. Sie stellten meist einzelne Motive dar, zum Beispiel für Lampions.

Von China kam der Scherenschnitt im 18. Jahrhundert mit der Vorliebe für Chinoiserien nach Europa. Und hier verwandelte sich der Scherenschnitt überwiegend zur ornamentalen Kunst, der durch die Faltung des Papiers stets symmetrisch geriet.

Beliebt wurde der Scherenschnitt damals auch für figürliche Darstellungen. Im Bonner Umkreis bekannt ist ein solches Schwarzweiß-Bildchen, das Beethovens mütterliche Freundin, Frau von Breuning, mit ihrer Tochter Leonore am Teetisch zeigt; die Damen halten ihre Tasse graziös erhoben in der Hand.

Das ist natürlich schon höhere Kunst des Scherenschneidens und bedarf der Vorzeichnung. So zeichnet auch Bärbel Grebert größere Bildszenen, zum Beispiel eine Prozession, mit dem Bleistift auf die Rückseite des schwarzen Papiers vor und setzt dann die Schere an.

Aber oft genug beflügelt die Fantasie die Schere und führt weiter und weiter durch das schwarze Papier. Blumen und Tiere schneidet sie ohnedies aus der Hand.

Nicht alles, was Schwarzweiß ist, ist auch ein Scherenschnitt. Da ist der Silhouettenschnitt - nach dem französischen Finanzminister Etienne de Silhouette (1709-1776) benannt, der diese Kunst wohl übte.

Mit Hilfe eines Silhouettierstuhles wurde eine Person vor eine weiße Wand profilgenau ausgerichtet, der Umriss des Schattens nachgezeichnet, schwarz ausgetuscht und auf weißes Papier geklebt.

Diese Kunst konnte man volkstümlich früher noch auf Jahrmärkten sehen. Man nannte sie auch Schattenriss, eine Technik, die zur Goethezeit sehr beliebt war. Dagegen hat der Scherenschnitt eine größere Freiheit der Gestaltung und ist über die Schneidetechnik hinaus zur freien, aber auch seltenen Kunst geworden. Wer kann schon mit der Schere zaubern?

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