Gespräch vor dem Freitagskonzert Dirigentin Gemma New gibt ihr Debüt in Bonn

Bonn · Die Neuseeländerin Gemma New hat Erfolg in der noch immer von Männern dominierten Dirigentenszene. Am Freitag und am Sonntag leitet sie das Beethoven Orchester.

 Von Neuseeland in die Welt: Dirigentin Gemma New.

Von Neuseeland in die Welt: Dirigentin Gemma New.

Foto: Anthony Chang

Ein bisschen ungewöhnlich ist es schon, wenn die Proben für ein Sinfoniekonzert in den Räumlichkeiten eines großen Telekommunikationsunternehmen stattfinden. Doch die junge neuseeländische Dirigentin Gemma New stört sich nicht am Telekom Forum in Beuel, sie nimmt die Situation gelassen. Wichtiger als ein perfekter Rahmen ist für die 32-Jährige das Orchester selbst. „Ich mag es sehr, bei der ersten Begegnung zu hören, wie ein Orchester mit der Musik umgeht. Es ist jedes Mal der Beginn einer neuen Reise.“

Der Aufbruch in Bonn hinterließ bei ihr ein gutes Gefühl. Beide Seiten fanden gleich einen guten Draht zueinander. „Den ersten Teil der Enigma-Variationen von Edward Elgar zu vermitteln, kann sehr schwierig sein für einen Dirigenten“, meint die Dirigentin„Aber sie haben die Stimmungen, den Rhythmus, die Dynamik und die Harmonien so sensibel gestaltet, dass ich sofort wusste: Das wird eine großartige Woche.“

Gemma New befindet sich gerade in einer Phase ihrer Karriere, in der sie einerseits mit Debüts unter anderem bei den großen amerikanischen Klangkörpern wie den New Yorker Philharmoniker, dem Cleveland Orchestra oder dem Philadelphia Orchestra große Aufmerksamkeit erregt, andererseits aber als Chefin des Hamilton Philharmonic Orchestra in Kanada oder auch als erste Gastdirigentin des Dallas Symphony Orchestra schon eine gewisse Bodenständigkeit beweisen muss.

Dass sie einmal Dirigentin werden würde, war ihr schon recht früh klar. Mit fünf Jahren begann sie, Geige zu spielen, mit sieben Klavier, außerdem liebte sie es, in Chören zu singen. „Aber als ich begann, im Orchester zu spielen, hat sich für mich alles verändert. Dieser unglaublich starke Klang, den kein Mensch allein kreieren kann. Ich liebe den Gedanken sehr, dass wir uns in Harmonie  zusammenfinden und etwas Wunderschönes und Bewegendes entstehen lassen.“ Mit 15 Jahren erhielt die jugendliche Konzertmeisterin im Wellington zum ersten Mal die Gelegenheit, ein Stück zu dirigieren. „Ich verliebte mich sofort in diese Arbeit, weil man Leute zusammenbringt, man ist verantwortlich dafür, dass sich die Teile zu einem Ganzen verbinden.“ Bereits mit 19 Jahren leitete sie das  Christchurch Youth Orchestra, dessen Musiker zum großen Teil um einiges älter waren als sie selbst.

Dass Frauen an der Spitze eines Orchesters stehen, ist heute zwar nicht mehr so außergewöhnlich wie noch vor zwei Jahrzehnten, aber noch weit davon entfernt Alltag im klassischen Musikbetrieb zu sein. Erst vor ein paar Tagen hat sich die Dirigentin auf dem Symposium „Women in Classical Music“ in Dallas zu der Problematik geäußert. Persönlich hat sie die männliche Konkurrenz jedoch nie als übermächtig empfunden. „Ich bin in Neuseeland auf eine Mädchenschule gegangen“, sagt sie. „So konnte ich mich gar nicht mit den Jungen vergleichen. Ich habe das nie als Problem gesehen.“ Das Leben als Dirigentin sei allerdings schon hart. Die vielen Reisen, das Alleinsein. „Aber das ist das Leben, das ich mir ausgesucht habe.“

Konzerte: Freitag, 29.11., 20 Uhr, Opernhaus: Werke von Michael Tippett (Divertimento), Ludwig van Beethoven (Konzert-Arie „Ah, perfido“), Edward Elgar (Enigma-Variations), mit Maria Bengtsson (Sopran), Beethoven Orchester, Gemma New (Dirigentin); die Enigma-Variations erklingen auch beim Konzert „Im Spiegel 2“ am Sonntag, 1. Dezember, 11 Uhr.

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