Arp Museum Bahnhof Rolandseck Freiraum für alle

ROLANDSECK · Als aufregend und rundum geglückt darf dieses Debüt im Bahnhof Rolandseck durchgehen, zumal die gesamte Unternehmung, sprich Ausstellung, nicht ohne Risiko gewesen ist.

 Sie provoziert gerne: Die Balmoral-Stipendiatin Cornelia Renz malt mit Pigmentstiften auf Acrylglasscheiben. Blick in die Ausstellung im Arp Museum.

Sie provoziert gerne: Die Balmoral-Stipendiatin Cornelia Renz malt mit Pigmentstiften auf Acrylglasscheiben. Blick in die Ausstellung im Arp Museum.

Foto: Schoenebeck

Sogar der Titel "o.T." (ohne Titel) ist passend, denn er verweist einerseits auf kunstübliche Gepflogenheiten und lässt andererseits genügend Freiraum für alle möglichen Betrachtungen. Und um Freiräume geht es hier, künstlerische, kuratorische und institutionelle. Seit Anfang 2013 ist Oliver Kornhoff, der Leiter des Arp Museums, auch Direktor des rheinland-pfälzischen Künstlerhauses Schloss Balmoral in Bad Ems.

Dort werden seit 1995 Anwesenheitsstipendien für Künstler aus aller Welt ausgeschrieben, die sich dann für einige Monate ausschließlich ihren Arbeiten widmen können.

Für diese, plus weitere Stipendiaten des Landes Rheinland-Pfalz aus dem letzten Jahr, hat Kornhoff nun einen Platz in "seinem" Museum freigeräumt. Auch der Kurator der Stipendiaten-Ausstellung Arne Reimann, der die Arbeiten der 15 Künstler mit Bedacht platziert hat, gehörte selbst zu den Stipendiaten.

Eine Überraschung gibt es gleich am Museumseingang, denn hier hat Christine Rusche den Tunnel, der sonst mit Zitaten von Hans Arp bestückt wird, mit einer großartigen Wandmalerei okkupiert. Sie bezieht sich auf die Gleise des Bahnhofes direkt darüber und vermittelt dem Besucher ein völlig neues Raumgefühl.

Ein konstruktivistisch anmutendes Tableau von Serhii Torbinov und der fragile Nachbau einer Slumbehausung aus Seoul aus verkohlten Zweigen von Hyejin Cho erhöhen die Spannung darauf, wie es in der oberen Bahnhofsetage weitergehen wird. Dort gibt es viel Malerei, die sich zum Teil und sehr gekonnt mit aktuell gesellschaftlichen Themen beschäftigt.

Martin Bruneau etwa zitiert Details aus Géricaults Riesenformat "Das Floß der Medusa" und führt den 200 Jahre alten Skandal, der mit dem Schiffsunglück verbunden war, in die Gegenwart. Cornelia Renz fragt in ihren großen Acrylglasbildern mit provokanten Bildzitaten nach der moralischen Zuordnung, die wir Motiven gewollt und ungewollt geben.

Recherche über die Holocaust-Gedenkstätten

Dagegen holen die fein nuancierten Farbschichten von Markus Saile den Betrachter in eine gegenstandslose Welt, die sich aber ohne weiteres auch als Kommentar auf die originale Deckenmalerei im Bahnhof lesen lässt.

Mit seiner 18-teiligen Fotoserie "Auschwitz Parking" dokumentiert Kirill Golovchenko mit eindrücklich lapidarer Bildsprache ein Recherche-Projekt, für das er zu den Holocaust-Gedenkstätten in Polen reiste. Die Fotos zeigen keine Konzentrationslager, sondern gehen mit nüchterner Distanz der Frage nach, wie die Menschen heute dort leben, zwischen Souvenir-Shops, Parkplätzen und Supermärkten.

Info

Arp Museum Bahnhof Rolandseck, Hans-Arp-Allee 1, Remagen, bis 12. April. Di-So und an Feiertagen 11-18 Uhr, Katalog 18 Euro. Kuratorenführung am 1. März um 14 Uhr.

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