Freiburger Barockorchester mit Haydns "Schöpfung" in der Philharmonie

Dirigent René Jacobs interpretiert mit Logik und Eloquenz

Köln. Schöpfung gleich Aufbruch: Joseph Haydns Oratorium kam zeitpassend in die Kölner Philharmonie. Und stünde die glückhafte Interpretation (Freiburger Barockorchester unter René Jacobs) für erhofftes Glück im Neuen Jahr - man brauchte nicht bange zu sein.

Die hohe Qualität des Abends war sogleich auszumachen am instrumentalen Vorspiel "Die Vorstellung des Chaos". Fraglos ist Haydns Ausdrucksspektrum für den heutigen Geschmack etwas "naiv", es kennt die uns vertrauten romantischen Abgründigkeiten nur bedingt. Dennoch ist die Musik Webers "Freischütz" entschieden näher als etwa die 20 Jahre nach der "Schöpfung" entstandene "Undine" E.T.A. Hoffmanns, dem Propheten romantischen Fühlens.

In der Philharmonie gab es in jüngster Vergangenheit eine ganze Reihe von Konzerten, bei denen Haydns unbändige Experimentierlust, sein launiger Geist, seine espritvolle Schöpferkraft überrumpelten. Für diesen Haydn hat sich unter anderem Alfred Brendel immer wieder eingesetzt. Das "Chaos" also - eine sinfonische Dichtung aus dem Zeitalter der Klassik, als dieses Genre expressis verbis noch nicht existierte.

Die Wirkung dieser Musik profitierte jetzt ganz entschieden von der sogenannten historischen Aufführungspraxis, die hier und da in die Kritik gekommen ist, zum Teil nicht unberechtigt. Dennoch ist kaum vorstellbar, dass ein "normaler" Streichercorps so fahl klingen kann wie der des mirakulösen Freiburger Barockorchesters. Hinzu kommen die leicht exotisch anmutenden Farben der Holzbläser. Das auf ein Pianissimo begrenzte Volumen der Barockflöten bleibt zugegebenermaßen ein Problem.

Im "Chaos" ließ René Jacobs mit dem leicht crescendierenden Übergang zum "Es ward Licht" sogleich spüren, dass seine interpretatorischen Eigenwilligkeiten stets Logik und Eloquenz besitzen. Frischer und ansprechender als unter seinen Händen kann Haydn-Musik eigentlich nicht klingen. Bei "Der tauende Morgen" im dritten Teil ließ der Dirigent fast Schubert und sogar Rossini ahnen. Superb neuerlich die konzertante Ausgestaltung der Rezitative durch Sebastian Wienand am Hammerflügel.

Der bewegliche Sopran von Julia Kleiter schwebte wie auf Engelsflügeln durch den Raum. Donát Havár, vor gar nicht so langer Zeit dem Bonner Opernensemble angehörend, artikulierte mit seinem lyrischen Tenor klar und fest. Prototyp eines noblen, dabei intensiv und intelligent den Text ausstellenden Baritons ist Johannes Weisser, Norweger mit deutschem Namen. Seine Fähigkeiten als Liedgestalter würde man gerne kennen lernen. Die "Schöpfung" fand überschwängliche Publikumsbegeisterung.

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