Folklore, Labyrinthe und beruhigende Stillleben

Irina Enß zeigt Werke verschiedener Schaffensperioden und Techniken im Alten Turm in Lülsdorf

  "Farben und Strukturen":  Irina Enß stellt im Alten Turm aus.

"Farben und Strukturen": Irina Enß stellt im Alten Turm aus.

Foto: Eisner

Niederkassel. (wkm) Irina Enß ist eine Wanderin zwischen zwei Welten. 1966 im russischen Gorki geboren, besuchte sie eine Kunsthochschule in Moskau und erlernte verschiedene Techniken der klassischen Malerei.

Das Zeugnis in der Tasche, orientierte sie sich neu und begann ein Designstudium in St. Petersburg. 1990 siedelte sie nach Deutschland über, wohnte einige Zeit in Bonn und machte ihren Abschluss an der Universität Wuppertal. Nun lebt sie seit fünf Jahren mit ihrer Familie in Niederkassel und gibt ihr Wissen an Schüler jeden Alters weiter.

Ihrer vielschichtigen Ausbildung verdankt die 39-Jährige ein breites Spektrum an künstlerischen Ausdrucksformen. Werke verschiedener Schaffensperioden und Techniken zeigt sie derzeit im Alten Turm in Lülsdorf. Die einzelnen Etagen der Galerie bieten Raum und Räume für die diversen Schwerpunkte der Werkschau. So sind etwa im Eingang großformatige abstrakte Bilder in starken Farben zu sehen.

Sie sind mit dem Titel, der gleichzeitig der gesamten Ausstellung ihren Namen gibt, "Farben und Strukturen" überschrieben. Gegenständliche Malereien sind ein paar Schritte treppauf zu bewundern. Dort zeigt Irina Enß unter anderem Stillleben, mit denen sie es ebenso hält, wie ihr Vorbild Paul Cézanne: "Er sagte, dabei käme er zur inneren Ruhe und das gilt auch für mich."

Zum nahezu festen Bestandteil ihrer Landschaftsbilder gehört das Element des Wassers. "Es spielt in meinem Leben eine wichtige Rolle. Ich habe immer in Städten gewohnt, durch die ein Fluss fließt." Viele ihrer Bilder zeigen Ansichten vom Rhein oder der Sieg. Ihrer Heimat ist das "russische Zimmer" auf der dritten Etage gewidmet.

Direkt gegenüber dem Eingang ist eine großformatige Darstellung einer beleibten Köchin zu sehen. In der einen Hand hält sie ein scharfes Messer, in der anderen einen Kohlkopf. "Sie ist mütterlich und brutal zugleich", erklärt Enß. Flankiert wird die Arbeit von Bildern, die üppige Festessen zeigen.

Der neueste Werkzyklus der Künstlerin trägt den Titel "Folklore" und ist auf der vierten Etage zu sehen. Die Arbeiten stehen ganz im Zeichen der Abstraktion. Ihre Inspiration findet die Künstlerin in der Formensprache und Ornamentik traditioneller Frauentrachten aus ihrer Heimat.

Im Sinne der konstruktivistischen Malerei reduziert sie die gegenständlichen Motive auf das Wesentliche, auf rhythmische Linien und harmonische Flächen. Dieses Material setzt sie anschließend zu eigenen Kompositionen zusammen: Linien, Flächen und Farben verflechten sich zu neuen Strukturen, die dennoch den Charakter der ursprüngliche Motive in sich bergen.

Die Verbildlichung eines Teils ihrer eigenen Geschichte zeigt Irina Enß im Dachgeschoss der Galerie. Die abstrakten Werke tragen den Titel "Labyrinthe". Sie entstanden Anfang der neunziger Jahre, kurz nach der Ankunft in Deutschland. "Alles war so neu und unbekannt für mich. Ich musste mich erstmal zurechtfinden."

Die Ausstellung "Farben und Strukturen" ist bis 29. Mai im Alten Turm in Lülsdorf zu sehen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Neue Musik zwischen Wohnwagen
Beethoven Orchester im BaseCamp Neue Musik zwischen Wohnwagen
Zum Thema
Aus dem Ressort