Festival "Acht Brücken" in der Kölner Philharmonie eröffnet

Beim Eröffnungskonzert zählte vor allem, dass Pierre Boulez am Pult des Mahler Chamber Orchestra stand. Der Komponist und Dirigent ist die ideale Identifikationsfigur für die Premiere von "Acht Brücken".

Köln. Ob "Acht Brücken" Köln zur "NRW-Musikstadt Nummer eins" machen wird, wie es Kultur-Staatssekretär Klaus Schäfer in seinem Grußwort in Aussicht stellte, ist wahrscheinlich nicht die wichtigste Frage im Zusammenhang mit dem neuen Festival für Musik des 20. und 21. Jahrhunderts.

Beim Eröffnungskonzert in der ausverkauften Philharmonie zählte vor allem, dass Pierre Boulez am Pult des Mahler Chamber Orchestra (MCO) stand. Der Komponist und Dirigent ist, erklärte Intendant Louwrens Langevoort, "einer, der immer wieder aufbricht, neue Wege beschreitet und Experimente wagt" - somit die ideale Identifikationsfigur für die Premiere von "Acht Brücken".

Boulez dirigierte an diesem Abend keine eigenen Werke, sondern Ravel, Schönberg und Strawinsky, und das tat er hervorragend. Unendlich sanft entfaltet das MCO in Ravels Märchenzyklus "Ma mère l'oye" seine perfekte Spielkultur, produziert traumverlorene, zart schillernde Stimmungsbilder. Und wenn das Crescendo am Schluss den "Feengarten" in gleißendes Licht taucht, erwacht man nur ungern aus dem Zaubertraum.

Muss man aber, um für das folgende Violinkonzert von Arnold Schönberg (op. 36) alle fünf Sinne beieinander zu haben. Das im US-Exil entstandene Spätwerk ist durchdrungen von zwölftöniger Integrität, hat den Nimbus des nahezu Unspielbaren und alles, was ein Violinkonzert braucht - zumindest in der brillanten Wiedergabe von Michael Barenboim und MCO: einen irrwitzig virtuosen Solopart, spannungsreiche Dialoge mit dem Orchester, effektvolle Instrumentierung, dramatische Zuspitzung und lyrische Atempausen.

Nur eben kein Thema, das sich einprägt, keine Melodie, die man mitsingen könnte. Solist Barenboim tut sein Möglichstes, um das vergessen zu machen und legt bei aller Abgeklärtheit so viel geigerischen Schmelz in die zwölf Töne, dass das Konzert nicht nur nach musikalischer Revolution klingt, sondern auch wie ein später Nachkömmling der Romantik.

Dann wirft "Pétrouchka" alle Regelstrenge über den Haufen. Zwischen Trompetengeschmetter und elegantem Walzertakt, polternder Jahrmarktsmusik und Ballerinaduft zieht Boulez in der Burleske von Igor Strawinsky alle Register. In immer neuen Instrumentenkombinationen modelliert er den perkussiven Charakter der Musik, betont den dramatischen Impetus, ohne die Transparenz in der Stimmführung zu vernachlässigen.

Was das Mahler Chamber Orchestra hier leistet, ist grandios. Ganz besonders Holzbläser und Schlagzeuggruppe zünden ein Feuerwerk an rhythmischen Energien und spieltechnischer Präzision. Die Bravo-Rufe sind verdient.

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