Geschichtsstunde im Ernst-Moritz-Arndt-Haus Europa wird neu sortiert

Bonn · Als Ernst Moritz Arndt sich 1818 in Bonn niederließ und ein Jahr später sein schönes Haus am Rhein bezog, hatte die Stadt, seit 1597 kurkölnische Residenz, zwei Jahrzehnte wechselvoller Geschichte mit dreifach geänderter Staatszugehörigkeit und vier Herrschaftssystemen überwunden.

 Momentaufnahme vom Wiener Kongress: Litho nach einem Bild von Jean-Baptiste Isabey.

Momentaufnahme vom Wiener Kongress: Litho nach einem Bild von Jean-Baptiste Isabey.

Foto: Fischer

Kurfürst Maximilian Franz von Österreich war am 3. Oktober 1794 vor den französischen Revolutionstruppen geflohen, die Bonn fünf Tage später kampflos einnahmen. Zwar existierte Kurköln noch bis zum Tode des Kurfürsten im Jahre 1801, doch hatten die Franzosen auch fortan das Sagen in der Stadt und im Rheinland. Bis 1804 gehörten die linksrheinischen Gebiete zur Französischen Republik, danach bis 1814 zum Kaiserreich Frankreich. Nach dem Sturz Napoleons am 11. April 1814 folgte der Wiener Kongress, der offiziell vom 18. September 1814 bis zum 9. Juni 1815 datiert.

Ingrid Bodsch, Direktorin des Stadtmuseums Bonn, greift das historisch bedeutende Jubiläum auf, um im Ernst-Moritz-Arndt-Haus den Wiener Kongress und die Folgen für das Rheinland aufzuzeigen. Allerdings war Kurköln nicht auf dem Kongress vertreten. Letztlich wurden Preußen, da ihm von Österreich, England und Frankreich die Einverleibung des ganzen Königreichs Sachsen versagt worden war, neben Westfalen auch Bonn und das Rheinland zugeschlagen. Am 15. Mai 1815 huldigten die Rheinlande in Aachen der preußischen Herrschaft in Abwesenheit des Königs Friedrich Wilhelm III., womit auch Bonn endgültig zu Preußen gehörte.

Die gelehrte Ausstellung erlaubt den Rückblick in das kurkölnische Bonn unter dem der Aufklärung zugeneigten Kurfürsten. Bei seinem Antritt 1780 traf er auf gleichgesinnte Leute aus Adel, Hofbeamten und Bürgern, die dann 1787 die noch heute bestehende Lesegesellschaft gründeten. Und unter kurfürstlicher Herrschaft wurde 1786 die erste Bonner Universität gegründet.

Ihre Nachfolgerin konnte dann 1818 in das geräumte kurfürstliche Residenzschloss einziehen, das, uns Heutigen fremd, ehemals grau/weiß gefasst war, wie ein Gemälde von anonymer Hand überliefert. Arndt wurde als Professor berufen.

Ingrid Bodsch, selbst Historikerin, lässt die politischen Ereignisse und ihre Protagonisten in Dokumenten und Porträts Revue passieren. Wer auf ihre gründliche Geschichtsstunde eingeht, kann das historische Zahlengerüst mit Leben füllen. Ins Auge springt dann eine "Momentaufnahme" mit den Berühmtheiten des Wiener Kongresses, farbig lithographiert nach einem Gemälde, das Jean-Baptiste Isabey im Auftrag des Fürsten Talleyrand gemalt hatte.

Schließlich widmet sich ein Kapitel dem Thema, das tatsächlich "Der Kongress tanzt" heißen könnte. Denn die reichlich 100 000 (!) Gäste des Kongresses wollten nicht nur logieren, sondern auch unterhalten werden. Und dabei spielt Ludwig van Beethoven, damals längst ein Star in Wien, eine ganz große Rolle. Hier insbesondere sind der Kooperation mit dem Wiener Stadt- und Landesarchiv etliche kulturhistorische Zeugnisse der Ausstellung zu verdanken.

Ernst-Moritz-Arndt-Haus, Adenauerallee 79; bis 25. Januar 2015; Mi bis Sa 13 bis 17, So 11.30 bis 17 Uhr

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