Werk in Originalsprache Euro Theater Central eröffnet seine Spielzeit mit Molière

Bonn · Bonn feiert in diesen Tagen 50 Jahre deutsch-französische Freundschaft. Das Euro Theater Central eröffnete seine 43. Spielzeit mit Molière in der Originalsprache.

"Le malade imaginaire", das letzte Werk des französischen Komödiendichters, rechnet ab mit den gelehrten Spezialisten für die körperliche Gesundheit, deren gesunder Menschenverstand vor allem der Sanierung ihrer Geldbeutel dient. Über eine robuste Konstitution und solide Liquidität muss man schon verfügen, um wie Monsieur Argan alle Klistierchen und todsicheren Heilmittelchen unbeschadet zu überstehen.

Oder sich tot stellen, um zu begreifen, was hinter dem Rücken tatsächlich abläuft. Das Familienoberhaupt leidet an der "maladie de la medecine", was die schlaue Dienerin Toinette natürlich längst kapiert hat.

Das weibliche Hauspersonal ist in Molières Stücken ohnehin meistens klüger als die feinen Herrschaften. Die polyglotte Schweizer Regisseurin Marianne de Pury, seit etlichen Jahren regelmäßig am Euro Theater tätig, schiebt in ihrer Inszenierung des "Eingebildeten Kranken" die Ärzte-Satire eher in den Hintergrund zugunsten der Typenkomödie im Stil der Commedia dell'Arte.

Südliche Leichtigkeit verbreitet die helle Raumgestaltung von Ausstatter Thomas Ziegler (ständiger Bühnenbildner bei dem berühmten Choreographen Martin Schläpfer) mit weiß und mintfarben gestreiften Wänden. In der Mitte thront mit bandagiertem Kopf Johannes K. Prill und sieht auf seinem Sessel fast so aus wie der sterbenskranke Molière selbst in seiner letzten Rolle.

Prill, frankophon sozialisiert und deshalb sprachlich allen Finessen von Molières raffinierter Prosa bestens gewachsen, spielt einen köstlichen Kranken: herrlich wehleidig, melancholisch verliebt in jedes purgatorische Rezept, vollkommen taub für jeden Schwindel.

Noch nicht alt genug für die Immunität gegen alle Verführungen, süchtig nach Zuwendung und ungeheuer einsam. Die witzigsten Pointen gehören selbstverständlich Toinette. Die in Bonn lebende französische Schauspielerin Virginie Cointe debütiert brillant als Spielmacherin zwischen röchelnder Lunge und zungenfertigen Bonmots.

Nächste Aufführungen: 9., 17. und 18. September, 2. und 3. Oktober. Karten unter 0228/652951 oder www.eurotheater.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Die Stunde der Sieger
Abschluss Deutscher Musikwettbewerb in Bonn Die Stunde der Sieger
Zum Thema
Aus dem Ressort