Es ist furchtbar, aber es geht

Kölner Original mit ehernen Grundsätzen: Jürgen Becker erhält den Sonderpreis "Reif und Bekloppt" beim 12. Prix Pantheon in Bonn und klärt sein Publikum über die Grundzüge des Rheinischen Kapitalismus und Mystizismus auf

Es ist furchtbar, aber es geht
Foto: Sven von Schlachta

Bonn. Dass Jürgen Becker "bekloppt" sein muss, das hat die Jury des Prix Pantheon schon seit langem gewusst. Aber ist er auch "reif", einen Preis in Empfang zu nehmen, der beide Eigenschaften im Titel vereint?

Rainer Pause alias Fritz Litzmann, der bei der Preisverleihung im Pantheon das Urteil der Jury verlas, kannte die Antwort darauf. Spätestens seit dem "Biotop für Bekloppte", dessen "vornehmster Bewohner" Becker ja schließlich selbst sei.

Ob er nun mit skurrilen Geschichten um Knochen, Klüngel und Kirche aufwartet oder sein Publikum unter dem bezeichnenden Titel "Da wissen Sie mehr als ich" ins Mysterium des Rheinischen Kapitalismus einführt, so zeichnet ihn doch in jedem Fall eine gewisse Respektlosigkeit und sympathische Schnoddrigkeit aus.

Frei nach dem Motto "Kabarett ist gut und schön, aber man muss auch mal einen Witz machen dürfen!" Nun, so einer wie Jürgen Becker - Preisträger in der Kategorie "Reif und bekloppt" beim 12. German Spass und Satire Open Prix Pantheon 2006" - darf das jederzeit. Und das braucht man einem wie ihm auch wahrlich nicht zweimal zu sagen. Schon legt er los.

Im gewohnten Plauderton, die Hände in den Taschen seiner Jeans vergraben. Auch das grasgrüne Hemd ist nicht unbedingt Gala-Garderobe. Passt aber umso besser zu jemanden, der laut Jury "niemandem nach dem Mund redet, sondern allen aufs Maul schaut". So verlief die Karriere des 1959 geborenen Kölners alles andere als gradlinig. Nach dem Realschulabschluss absolvierte er zunächst eine Ausbildung als grafischer Zeichner bei 4711.

Nach dem Fachhochschulstudium Sozialarbeit mit entsprechendem Abschluss in der Tasche gründete Becker dann allerdings eine Druckerei mit zehn Mitarbeitern. 1984 war er Mitbegründer der alternativen "Stunksitzung", schrieb nebenbei Sketche, Lieder und Moderationen. Einer zwischenzeitlichen Episode beim "3 Gestirn Köln 1" folgte 1992 die Serie "Frühstückspause" mit Didi Jünemann im WDR Hörfunk. Ebenso wie die Moderation der "Mitternachtsspitzen" im Fernsehen, live aus dem Alten Wartesaal Köln.

Durchs "Biotop für Bekloppte" führte er bis 1998 gut sechs Jahre. Und verkündete parallel dazu gemeinsam mit Rüdiger Hoffmann als gemischt kölsch-westfälisches Doppel "Es ist furchtbar, aber es geht". Woran sich bis vor kurzem die aktive Grundlagenforschung in Sachen "Rheinischer Kapitalismus" anschloss.

"Ja, was glauben Sie denn?" heißt Beckers gerade frisch ausgepackte "kabarettistische Götterspeise" rund ums Thema Religion. Woran er glaubt, das weiß er und stimmt zur Preisverleihung fröhlich das mit Norbert Alich komponierte Lied "Ich bin so froh, dass ich nicht evangelisch bin" an. Ansonsten gilt die Devise "Mys`tisch mal nach gucken" oder alternativ der Standardspruch des Heimathirsches Becker aus den Mitternachtsspitzen: "Datt is für misch persönlisch uninteressant."

Der Prix Pantheon dagegen ist es sicher nicht. Und dass Becker seinen Gästen im Pantheon nach gut zweieinhalb Stunden zur Feier des Tages noch ein Gratis-Kölsch spendiert, liegt nicht etwa am Preisgeld von 4 000 Euro. Sondern an seinem ehernen Grundsatz: "Der Umsatz ist langfristig am größten, wenn alle mittrinken. Ja, was glauben Sie denn!"

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